Ein alter Lava-Tunnel könnte Forschern künftig einmal als Mondhotel dienen. Deutsche und japanische Wissenschaftler haben den Tunnel auf Aufnahmen der japanischen Mondsonde "Selene" entdeckt. Die Forscher um Harald Hiesinger von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und Junichi Haruyama von der japanischen Raumfahrtbehörde Jaxa stellen ihre Entdeckung im US-Fachjournal "Geophysical Research Letters" (Bd. 36, L21206) vor.
"Lunare Lava-Röhren können bestens für künftige Mondstationen genutzt werden", betont Haruyama. "Ganz gleich, ob sie nur für eine lokale Erkundung oder als Vorposten einer ständigen Mission dienen sollen."
Lava-Röhren gibt es auch auf der Erde. Sie bilden sich, wenn sich die oberste Schicht des heißen Gesteinsflusses verfestigt, während das Innere weiter abfließt. Auf dem Mond waren diese Gebilde vermutet, aber bislang nicht gesichtet worden.
Astronauten brauchen Schutz: vor extremen Temperaturschwankungen von bis zu 300 Grad Celsius, vor Meteoriten-Einschlägen und vor gefährlicher Strahlung. Weil der Mond keine Atmosphäre hat, kommt etwa die UV-Strahlung der Sonne ungefiltert dort an. "Der Mond ist kein Ort, wo man gerne längere Zeit verweilen wollte", sagt Hiesinger, einer von zwei beteiligten Forschern aus Münster. Dennoch ist er überzeugt, dass Menschen den Mond auf lange Sicht besiedeln werden. Und dann könnten Lava-Tunnel Basis für sichere Mondstationen sein.
Keiner kennt die Lava-Röhre
Die jetzt entdeckte lunare Lava-Röhre hat allerdings noch niemand aus der Nähe gesehen. Viele Fragen sind daher offen: Wie sieht es im Inneren aus? Gibt es Eis? Ist es kalt? Weil es auf dem Mond keine Luft zum Atmen gibt, müssten Forscher zunächst eine Blase mit einer künstlichen Atmosphäre schaffen und sie im Tunnel aufbauen. Eine Art aufblasbarer Ballon. Das sei durchaus realisierbar, sagt Hiesinger. Danach könnten Menschen und Forschungsgerät folgen.
Und so sieht der Tunnel aus der Entfernung aus: Er hat einen Durchmesser von 65 Metern und ist mindestens 80 Meter tief. Sein Eingang liegt in der Nähe des Kraters Marius auf dem westlichen Teil der der Erde zugewandten Seite des Mondes. Wie das Loch genau entstand, ist den Forschern noch nicht klar. Möglich ist, dass es von einem Meteoriten geschlagen wurde oder sich während eines Mondbebens oder durch die Gravitationskräfte der Erde entwickelte.
Schärfere Bilder vom Lava-Tunnel versprechen sich die Wissenschaftler von der Nasa-Mondsonde "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LRO), die den Mond seit Juni 2009 umkreist, um dort mögliche Wasservorräte aufzuspüren. Ob die US-Raumfahrtbehörde die neu entdeckte Röhre tatsächlich als Unterschlupf für künftige Missionen nutzen will, ist noch nicht bekannt. Die Nasa plant innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Rückkehr zum Mond. Bis 2025 will sie dort eine Station errichten.