Störungen im Betriebsablauf (Folge 16)
Eine Woche Entschleunigung: Unsere Kolumnistin Ursula Ott hat Urlaub, um all das zu erledigen, was beim Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen gern schon mal liegenbleibt. Und sie stellte fest: Auch Pendeln kann Vorteile haben.
29.01.2010
Von Ursula Ott

Meine Woche vom 25. bis 29. Januar

Montag

Totale Entschleunigung. Ich habe eine Woche Urlaub genommen, um in Köln all das zu erledigen, was ich als Pendlerin zwischen zwei Städten sonst nie schaffe: Mit den Kindern zum Arzt gehen. Meine Bankauszüge drucken. Zum Frisör gehen. In Ruhe an meinem Buch schreiben. Und das Beste: morgens nach dem Frühstück die Kinder zur Schule fahren, danach nicht etwa in Rekordzeit zum Bahnhof Deutz radeln und von dort nach Frankfurt fahren, sondern in Ruhe zurück nach Hause und mit einem Kaffee die Zeitung lesen. Was für ein Luxus. Ob das pervers ist, wenn ich jetzt das Morgenmagazin der ARD anschalte? Aufmachermeldung: Winterchaos bei der Bahn? Das zieh ich mir jetzt rein, ich hab ja Urlaub und sitze mit der Fernbedienung auf dem warmen Sofa.

Dienstag

Bin mit meinem kleinen Sohn, der an Migräne leidet, bei einem Kurs "Stopp den Kopfschmerz". Die Kinder sehen ganz entspannt aus, aber die Mütter! Hilfe, sehe ich auch so aus, wenn ich vom Bahnhof komme? Eine Mutter ist vom Ruhrgebiet angereist und wirkt vollkommen erschöpft. "Mir geht's auch nicht gut", fährt sie ihre kleine Tochter an, "ich hab noch nichts gegessen heute und bin total durch geschwitzt." Ich fürchte, das habe ich auch schon oft gesagt, wenn ich abends vom Bahnhof komme, kein Wunder, dass diese Kinder Kopfweh kriegen, für ihre Mütter gleich mit. Nehme mir vor, nie wieder vor den Kindern zu jammern. Hoffentlich habe ich das bis nächste Woche nicht vergessen, da geht die Pendelei wieder los.

Mittwoch

Schon komisch, wer alles anruft, wenn man den ganzen Tag daheim ist. Erst will mir die Telekom einen neuen W-Lan-Router aufschwätzen, weil angeblich in meiner Straße jetzt Glasfaser verlegt wurde. Damit könnte ich auch digitales TV empfangen. Ich habe aber schon digitales TV, bei Unity Media. Außerdem ist alles prima hier mit meiner Technik, und wenn ich nicht zufällig diese Woche Heimaturlaub hätte, hätten die mich sowieso nie erreicht.

Donnerstag

Heute ruft Unity Media an. Sie haben bei uns ja digitales Fernsehen abonniert, wir könnten Ihnen jetzt auch Telefon und Internet anbieten. Neihein, Telefon und Internet habe ich bei der Telekom, und außerdem suche ich keine neuen Probleme, ich habe schon genug. Langsam geht mir das Daheimsein auf den Wecker, wie lästig, wenn man jederzeit erreichbar ist. Alle zwei Stunden klingelt ein blöder Bote an der Tür und gibt ein Paket für die Nachbarn ab oder wirft unnötige Werbeblätter in den Hausflur. Langsam wird mir klar, was mir als Pendlerin sonst erspart bleibt.

Freitag

Hilfe, die Woche ist schon um, und natürlich habe ich längst nicht alles erledigt. Aber immerhin: Ich habe sage und schreibe 73 Kontoauszüge ausgedruckt, ich war offenbar ein Jahr nicht bei der Bank gewesen, wegen Pendelei. Die Kunden in der Schlange hinter mir waren extrem genervt. Ich habe sechs Kapitel an meinem Buch geschrieben und zwei Schul-Zeugnisse entgegen genommen. Ich habe keinen Vertrag mit Unity Media abgeschlossen und keinen mit der Telekom, ich habe hier drei verschiedene TNT- und UPS-Pakete von Nachbarn liegen, die sicher alle nächste Woche klingeln, wenn ich wieder im ICE sitze. Hauptsache, der Winter hat sich jetzt langsam ausgeschneit, und die Bahn hat ihr Pensum an Chaos für 2010 jetzt erledigt. Nächste Woche wieder: Köln-Frankfurt! Schönes Wochenende!



Über die Autorin:

Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de

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