Kaffeeklatsch: Die ersten Kaffeehäuser waren Männerdomäne
Kaffee ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudecken. Und wenn man ihn genießt, bringt er Menschen zusammen. Daraus entwickelte sich schon früh der ebenso beliebte wie belächelte Kaffeeklatsch. Denn Frauen durften früher das Getränk nicht in den Kaffeehäusern genießen.
29.01.2010
Von Darijana Hahn

Überall da, wo sich Menschen treffen, um gemeinsam Kaffee zu trinken, beginnt er: der legendäre Kaffeeklatsch. Er scheint so zeitlos wie allgegenwärtig. "Der Kaffeeklatsch erfreut sich einer uneingeschränkten Beliebtheit, weil er so grundlegende Bedürfnisse wie nach Anregung, Entspannung und Information gleichzeitig erfüllt", urteilt die Münchner Publizistin Katja Mutschelknaus ("Kaffeeklatsch - die Stunde der Frauen").

Jahrhundertelang war der Kaffeeklatsch für die Damen nur hinter den Türen ihrer Salons und Wohnzimmer möglich: Nachdem um 1650 der Kaffee die europäische Gesellschaft erobert hatte, wurden immer mehr Kaffeehäuser eröffnet - in denen aber nur Männer willkommen waren. Für "jede Frau, die nicht gegen die guten Sitten verstoßen und ins Gerede kommen wollte, galt die Mahnung 'Wir müssen leider draußen bleiben'", erklärt Mutschelknaus.

Auch Frauen wollten Mode-Getränk genießen

Wenn nun die Damen der Gesellschaft auch nicht in die Kaffeehäuser gingen, auf das allseits in Mode gekommene Getränk wollten sie dennoch nicht verzichten. So genossen sie den Kaffee eben zusammen mit ihren Freundinnen zu Hause. Eine üppig gedeckte Tafel ließ das entsprechende Ambiente aufkommen, wie es Mutschelknaus beschreibt: "Ein Kaffeeklatsch braucht den Kaffee, so viel ist klar, er braucht auch das Backwerk, aber vielleicht mehr noch braucht er das zart schimmernde Porzellan, die edlen Accessoires, das angenehme Mobiliar und wohnliche Räumlichkeiten."

Angeregt vom "Champagner des Alltags" entfalteten sich vor dieser streng ritualisierten Kulisse Gespräche, die man abfällig als Klatsch bezeichnen könnte und die in zahlreiche Gedichte und Romanpassagen Eingang gefunden haben.

Udo Jürgens nimmt in seinem Schlager "Aber bitte mit Sahne!" die Damen Mathilde, Ottilie, Marie und Liliane auf die Schippe: "Sie schmatzen und schwatzen, dann holen sie sich aaahh ooojehh/ noch Buttercremetorte und Bienenstich aaahh ooojehh/ … aber bitte mit Sahne". Getroffen hat sich das legendäre Quartett übrigens nicht im trauten Heim, sondern im Konditorei-Café - ein Ort, der seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch der Damenwelt offenstand.

Austausch von Neuigkeiten

Seit den 70er Jahren verschwanden auch langsam die einst unverzichtbaren Kennzeichen des klassischen Kaffeekränzchens: Blümchengeschirr auf Brokattischdecke, kunstvoll drapierte Sahne zu selbst gebackenen Torten, die Damen adrett gekleidet mit frisch gelegten Haaren.

Geblieben ist die Lust am Kaffeetrinken und am Austausch von Neuigkeiten, Klatsch und Tratsch. Für den Kölner Psychologen Stephan Grünewald sind deswegen die Fernseh-Talkshows am Nachmittag eine "moderne Form des Kaffeeklatsches". Sie helfen, die "midday-crisis" zu überstehen, urteilt er. So könne man die "dramaturgische Unterversorgung nach vollendetem Haupttageswerk am Nachmittag" überwinden.

Wenn dann noch die anregende Wirkung des Kaffees hinzukommt, tritt ein, was für Mutschelknaus die zeitlose Faszination des Kaffeeklatsches ausmacht: "Man ist angeregt und entspannt zugleich."

Buchhinweise: Katja Mutschelknaus: Kaffeeklatsch. Die Stunde der Frauen. Elisabeth Sandmann Verlag. 19,90 Euro. Stephan Grünewald: Deutschland auf der Couch. Eine Gesellschaft zwischen Stillstand und Leidenschaft. Campus-Verlag. 19,90 Euro.

epd