Zeitgleich mit dem Weltwirtschaftsforum läuft in Davos das sogenannte Open Forum, das der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) organisiert. Die Podiumsdiskussionen, die noch bis Samstag laufen, befassen sich mit Themen einer großen Bandbreite: Finanzkrise, Klimawandel, Alter, Nuklearwaffen. Auch diese Panels sind hochkarätig besetzt und brauchen den Vergleich mit dem Weltwirtschaftsforum nicht zu scheuen.
"Wir achten darauf, dass auf den Podien Menschen sitzen, die möglichst konträre Meinungen vertreten", so SEK-Ratspräsident Thomas Wipf, der auch Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ist. So geschehen beim Panel zum Thema Finanzkrise. Neben zwei Bankenvertretern diskutierten am Donnerstagabend der stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz, die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde und der Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Juan Somavia, über Ursachen und Folgen der weltweiten Finanzkrise.
"Sie können am wenigsten dafür"
Dabei machte Schneider deutlich, dass es nicht nur um Zahlen, sondern nach wie vor um Menschen und ihre Würde gehe, die von der Finanzkrise getroffen wurden. "Viele Menschen leiden unter den Auswirkungen der Krise, insbesondere auch in der Dritten Welt. Sie aber können am wenigsten dafür", so der rheinische Präses. Er hielt Unterstützung vom ILO-Direktor, dessen Organisation die größte jemals gemessene Arbeitslosigkeit festgestellt hat.
"Geld ist noch kein Wert an sich, sondern Werte entstehen erst durch die Arbeit der Menschen", lautete eine der zentralen Aussagen Schneiders. "Deswegen müssen sie wieder im Mittelpunkt stehen." Aus seiner Sicht muss zudem verhindert werden, dass sich der Finanzmarkt weiter von der realen Wirtschaft abkoppelt. In die gleiche Richtung argumentierte auch Stiglitz. Er warnte davor, auf weltweite Spielregeln für den Finanzbereich zu warten, da dies viel zu lange dauere.
Als Banker brachte Ziya Akkurt, Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglied der Akbank TAS aus der Türkei die Problematik auf den Punkt: "Der Reichtum wurde falsch verteilt." Das müsse künftig besser geregelt werden. Wobei die Türkei offenbar noch gut durch die Krise gekommen ist. Denn das Land wurde schon durch die erste asiatische Krise in den 1990er Jahren getroffen. Danach setzte die Regierung klare Spielregeln, so dass die Krise dieses Mal noch glimpflich abging.
Viele junge Leute im Publikum
Die Panels des SEK beziehen ihren guten Ruf auch daraus, dass dort Publikum zugelassen ist. Über großes Interesse vor allem von "vielen jungen Leuten" freute sich SEK-Präsident Wipf. Und auch die Podiumsteilnehmer hätten ihm signalisiert, dass sie sich über den direkten Kontakt zum Publikum freuten. Entstanden war die Idee des offenen Forums bereits vor acht Jahren, "da wir der Meinung waren, dass wie viele Themen des Wirtschaftsforums auch mit der Öffentlichkeit diskutieren sollten", so Wipf.
Die Überwindung der Wirtschaftskrise ist auch das beherrschende Thema des Davoser Forums. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und US-Präsident Barack Obama gaben sich als Vorkämpfer dafür, Banken in ihrer Größe zu begrenzen und ihr Gebaren transparenter zu machen. Auch China und Südkorea verlangen weltweite Reformen. Eine besondere Rolle soll dabei die Gruppe der wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) spielen. Sie soll die immer wieder diskutierten Reformen nun endlich voranbringen und dafür sorgen, dass sich eine solche Krise nicht wiederholen kann. Banker sind davon wenig begeistert. Das Weltwirtschaftsforum dauert noch bis zum Sonntag.
Frauke Weber arbeitet als Redakteurin bei evangelisch.de für die Ressorts Wirtschaft und Magazin.