Ex-Generalinspekteur rügt Käßmann
Als "hochmütiges Pauschalurteil" hat der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Klaus Naumann die Kritik von Bischöfin Margot Käßmann am Afghanistan-Einsatz gerügt.

Mit ihrer Predigt habe die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Soldaten und deren Familien keinen Trost gespendet, schreibt der evangelische Christ in einem Brief an Käßmann, den die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag in ihrer Online-Ausgabe veröffentlichte. Darin wirft Naumann der Bischöfin vor, sie zeige keine Alternative auf, sondern speise die Soldaten mit Worthülsen ab.

Zum Jahreswechsel hatte die Ratsvorsitzende in Interviews und Predigten Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geübt und einen Vorrang des Zivilen vor militärischer Gewalt befürwortet. Vor allem ihre Aussage "Nichts ist gut in Afghanistan" stieß in der Politik auf Kritik. Dazu sagte Naumann, die Bischöfin müsse sich fragen lassen, wie Angehörige von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan Trost finden könnten, "wenn Sie deren Tun pauschal als verfehlt und deren Opfer als vergeblich bezeichnen?"

Er hoffe, dass Käßmann nach ihrer Afghanistan-Reise eine Position finde, die evangelischen Christen unter Soldaten, Polizisten und zivilen Helfern Gewissheit gebe, dass sie in diesem schweren Einsatz von ihrer Kirche nicht länger allein gelassen würden, schreibt Naumann, der vor seiner Pensionierung 1999 den Vorsitz des NATO-Militärausschusses innehatte. Der Ex-General fügt hinzu: "Damit hoffe ich auch, dass dann die evangelische Kirche auch Menschen wie mir noch Heimat sein kann, die militärische Mittel immer für ein Übel, aber ein unter sehr engen Bedingungen Vertretbares halten." Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte Käßmann bei einem Treffen Mitte Januar zu einem Afghanistan-Besuch eingeladen.

Naumann vermisst Alternativen

Naumann beklagte, in der Afghanistan-Kritik von Käßmann vermisse er auch Alternativen. Die Aufforderung, mehr Fantasie für den Frieden aufzuwenden, sei eine "Worthülse ohne jegliche Substanz". Der Appell, gegen Krieg und Gewalt aufzubegehren, sei "eine leere Formel", die an der Wirklichkeit Afghanistans vorbeigehe.

Hingegen verteidigte die Bischöfin in einem Interview mit der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) abermals ihre Äußerungen und verwies auf das Mandat der Kirche über Frieden zu sprechen: "Hätte ich umgekehrt gefordert, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken", sagte Käßmann, dann hätte dies Anlass zu Rückfragen gegeben. Für eine Korrektur ihrer Äußerungen sieht die Landesbischöfin keinen Anlass: "Hier würde ich, bei allen Bedenken, die ich jetzt gehört habe, nicht anders formulieren."

Für ihre kritische Position zum Afghanistan-Einsatz hat Käßmann eigenen Angaben zufolge viel Zuspruch erfahren. In mehr als 2.000 E-Mails und Hunderten Briefen hätten Menschen ihr Rückendeckung gegeben. In der Bevölkerung gebe es offensichtlich ein starkes Bewusstsein für den Frieden, folgerte Käßmann aus der Afghanistan-Debatte: "Die Toten von Kundus haben viele Menschen ausgeschreckt", sagte die Bischöfin.

epd