"Jeder Krieg, auch der mit den besten Motiven, setzt ein furchtbares Gewaltpotenzial frei", sagte sie am Dienstagabend in Hannover in einer Gedenkstunde des niedersächsischen Landtages zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar. "Diese dunklen Seiten jedes Krieges wahrzunehmen und anzusprechen, ist ein Gebot der Redlichkeit und darf nicht pauschal als Delegitimierung militärischer Gewalt schlechtgemacht werden", unterstrich die Theologin.
Mit der neueren evangelischen Friedensethik bejahe sie einen Gebrauch militärischer Gewalt bei der Durchsetzung von Recht und Frieden, sagte die oberste Repräsentantin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und hannoversche Landesbischöfin. Krieg bringe jedoch immer Unrecht, Not und entsetzliches Leid mit sich: "Es gibt keinen sauberen Krieg, der Zivilisten wahrhaft schont und Unrecht vermeiden kann." Käßmann hatte in Predigten und Interviews zum Jahreswechsel mehrfach den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan kritisiert.
Die Bischöfin bezeichnete den Krieg gegen Nazi-Deutschland als eines der wenigen Beispiele für die positive Rolle militärischer Gewalt zur Erhaltung von Recht und Frieden. Mit Blick auf die Opfer des Nationalsozialismus sprach sie sich für eine "produktive" Trauerarbeit aus, wie sie etwa die Aktion Sühnezeichen leiste: "Es braucht Generationen, nach einer solchen Katastrophe so etwas wie Normalität zu finden." Auch die Nachkommen müssten ihren Beitrag zur Aufarbeitung leisten.
Künftig werde es immer weniger Zeitzeugen geben, sagte Landtagspräsident Hermann Dinkla (CDU). "Wir, die wir den Überlebenden noch zuhören können, haben den Auftrag, ihre Geschichte an die nachfolgenden Generationen als Mahnung weiterzugeben." Geschichtsfälschern und Holocaust-Leugnern sei entschlossen entgegenzutreten, mahnte Dinkla.