Gesetzliche Krankenkassen wollen mit Zusatzbeiträgen starten
Millionen Arbeitnehmer können sich schon in nächster Zeit darauf einstellen, dass sie mehr Geld an ihre gesetzlichen Krankenversicherungen überweisen müssen. Zwei große Kassen haben bereits konkrete Planungen für den monatlichen Zusatzbeitrag.

Der Sozialverband VdK kritisiert die einseitige Belastung von Arbeitnehmern und Rentnern mit höheren Krankenkassenbeiträgen. Verbands-Präsidentin Ulrike Mascher erklärte am Donnerstag in Berlin, die bevorstehenden Zusatzbeiträge träfen diejenigen, die durch Rentennullrunden und Lohneinbußen ohnehin weniger Geld hätten. Die Arbeitgeber müssten die steigenden Beiträge hingegen nicht mittragen. Nach einem Zeitungsbericht müssen Millionen Versicherte mit Zusatzbeiträgen rechnen. Die Deutsche BKK kündigte am Donnerstag als erste große gesetzliche Krankenkasse eine Beitragserhöhung an.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sagte in der Haushaltsdebatte des Bundestages, die gesetzlichen Krankenkassen befänden sich angesichts eines Milliardendefizits in einer schwierigen Situation. Er warf der SPD vor, sie habe ein unfertiges System hinterlassen. Die Zusatzbeiträge träfen nun die Schwächsten.

Rösler strebt Pauschalbeitrag an

Der Bund gewähre den Kassen in diesem Jahr einen einmaligen Zuschuss von 3,9 Milliarden Euro, um das Defizit abzufangen, sagte Rösler. Es reiche aber nicht, Geld ins Gesundheitswesen zu geben. Vielmehr seien grundsätzliche Veränderungen notwendig. Konkret wurde Rösler nicht, erklärte aber erneut, er strebe einen pauschalen, vom Einkommen unabhängigen Beitrag mit Sozialausgleich an sowie mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem.

Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" kommen schon in den nächsten Wochen auf Millionen Versicherte Zusatzbeiträge zu. Rund ein Dutzend Kassen plane, den pauschalen Mehrbeitrag von bis zu acht Euro im Monat zu erheben, berichtet das Blatt, darunter auch große Kassen wie die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK).

Es sei damit zu rechnen, dass im ersten Quartal dieses Jahres bereits 20 Prozent der Versicherten oder rund zehn Millionen Menschen monatlich mehr bezahlen müssten. Im Laufe des Jahres würden voraussichtlich weitere Kassen nachziehen, so das Blatt. Noch zu Beginn des Jahres hatte die Bundesregierung auf Anfrage der Opposition erklärt, der diesjährige Steuerzuschuss an die Kassen werde vorläufig Zusatzbeiträge verhindern.

Deutsche BKK will mit Zusatzbeitrag starten

Als erste große gesetzliche Krankenkasse kündigte die Deutsche BKK an, demnächst Zusatzbeiträge zu erheben. "Wir wollen in den nächsten Wochen oder Monaten damit loslegen", sagte BKK-Sprecherin Lydia Krüger dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe). Betroffen wären davon rund 750.000 Mitglieder. Auf einer Verwaltungsratssitzung am 29. Januar könnte ein entsprechender Beschluss fallen, sagte Krüger.

Der Zusatzbeitrag war von der vorigen Bundesregierung zusammen mit dem Gesundheitsfonds und dem Einheitsbeitragssatz von 15,5 Prozent beschlossen worden. Krankenkassen, die mit Zuweisungen aus dem Fonds nicht auskommen, können bis zu acht Euro pauschal oder bis zu einem Prozent des beitragspflichtigen Einkommens eines Versicherten fordern, im Höchstfall 37,50 Euro monatlich. Die Versicherten haben im Falle des Zusatzbeitrags ein Sonderkündigungsrecht, auf das die Kassen sie aufmerksam machen müssen. Sie können ihre Kasse dann binnen zwei Monaten verlassen und zu einer anderen wechseln.

epd