TV-Tipp: "Kein Geist für alle Fälle" (Sat.1)
In der Sat.1-Komödie fährt eine Frau schudlos einen Mann an. Während er im Koma liegt, nervt sein Geist die Frau Schritt und Tritt. Die in der Tat geistreiche Komödie ist als sehenswerte Mischung aus Slapstickeinlagen und subtiler Romantik inszeniert.
19.01.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Kein Geist für alle Fälle", Dienstag, 19. Januar, 20.15 Uhr Sat.1

Die Idee ist uralt, aber immer wieder schön. Schon die wunderbare Hollywood-Komödie "Mein Freund Harvey" mit James Stewart lebte in erster Linie von den Dialogen zwischen der Hauptfigur und seinem unsichtbaren Freund (einem zwei Meter großen Hasen). "Kein Geist für alle Fälle" bezieht sein großes komisches Potenzial aus einer ganz ähnlichen Konstellation: Nachdem Jana (Diana Amft) schuldlos einen genialen Flugzeugingenieur (Stephan Luca) angefahren hat, liegt der Mann zwar im Koma, gibt aber keine Ruhe; fortan begleitet er sie auf Schritt und Tritt als Geist.

Die Parallelen zu Jenseitsromanzen wie "Ghost – Nachricht von Sam" liegen auf der Hand, aber Autorin Barbara Jago erzählt eine völlig andere Geschichte. Tom hat unmittelbar vor dem Unfall eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Nun geht er Jana so lange auf die Nerven, bis sie endlich in sein Büro marschiert. Für Toms Kollegen Torsten (Michael Rotschopf) kommt die Nachricht gerade recht: Eben noch wegen Einfallslosigkeit quasi gekündigt, reißt er sich die Formel unter den Nagel. Tom hat seinen Rechner jedoch mit einem Passwort geschützt: Vor Torstens Augen verschwindet der Text vom Bildschirm; und nun beginnt ein Wettlauf um die Sicherheitsdatei.

Ulli Baumann, dank buchstäblich Dutzender preisgekrönter Sitcom-Folgen ("Nikola", "Ritas Welt", "Alles Atze") ein Meister des perfekten Timings und der sorgfältigen Darstellerführung, inszeniert die in der Tat geistreiche Komödie als sehenswerte Mischung aus Slapstickeinlagen und subtiler Romantik. Gerade Diana Amft spielt ihre Hauptfigur ganz im Sinne der klassischen "physical comedy": Jedes Mal, wenn Jana von Tom berührt wird, ist das für sie wie ein Stromschlag. Zunächst kann auch sie ihn nicht sehen; später lebt die komödiantische Ebene vor allem von Janas vermeintlichen Selbstgesprächen.

Über ihre offenkundige Verwirrtheit wundern sich vor allem die potenziellen Schwiegereltern. Jana soll den ebenso vielbeschäftigten wie schwerreichen Max (Lucas Gregorowicz) ehelichen, nicht ahnend, dass sie mit Tom viel ältere Bande verbinden: Die beiden sind vor vielen Jahren als junge Teenager schon einmal zusammengestoßen. Den spontanen Kuss von damals haben sie nicht vergessen, und natürlich kommen sie sich im Verlauf ihrer diversen gemeinsamen Abenteuer näher. Aber dann wollen Toms Eltern die lebenserhaltenden Geräte abstellen.

So gelungen die optischen Effekte (Sebastian Stanek) sind, wenn Tom geisterhaft durch Türen geht oder sein Körper von Autos und Menschen durchquert wird: Sympathisch ist der Film vor allem dank der Figuren und der kleinen Begebenheiten am Rande. Sehr hübsch fädelt Jago beispielsweise eine zweite Romanze zwischen Janas bester Freundin (Astrid Meyerfeld) und Toms bestem Freund (Rudolf Krause) ein. Eine gute Idee war es auch, die Eltern von Max mit Gaby Dohm und Rüdiger Vogler ungewöhnlich prominent zu besetzen. Die beiden haben zwar nur wenige Szenen, aber die nutzen sie weidlich.

Großer Trumpf des Films ist jedoch die Hauptdarstellerin. Wenn Jana auf Toms Berührungen reagiert oder sich impulsive Wortgefechte mit dem unsichtbaren Begleiter liefert, wirkt sie auf ihre Umwelt, als leide sie unter dem Tourette-Syndrom. Entsprechend groß ist die Gefahr der peinlichen Überzeichnung, aber Diana Amft spielt das ganz wunderbar.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).