Theologe beklagt wachsende Distanz zwischen Religionen
Religionen schotten sich nach Ansicht des Münsteraner Theologen Hans-Peter Großhans zunehmend voneinander ab. Der "populäre Ruf nach Toleranz" reiche nicht aus, um die Distanz zu überbrücken.

Es gehe nicht nur um Toleranz, sondern darum, abweichende Einstellungen und Lebensweisen anzuerkennen, sagte der Direktor des Evangelischen Instituts an der Westfälischen Wilhelms-Universität am Montag in Münster. Auch in religiösen Fragen müsse der Streit über unterschiedliche Positionen erlaubt sein. "Im neuzeitlichen Bewusstsein kann man über alles offen reden", kritisierte Großhans. "Nur im Bereich der Religionen geht gar nichts. Man tauscht sich nicht aus."

Auch in religiösen Fragen müsse ein Streit zwischen unterschiedlichen Positionen möglich sein, so Großhans. Er sprach von den "Tücken der Toleranz". Als Beispiel nannte er das Verhältnis von Christentum und Islam in Deutschland. "Wenn die deutsche Gesellschaft die Muslime toleriert, hat das noch nichts mit Gleichberechtigung zu tun." Die Politik schaffe immer wieder neue Ausnahmeregeln für die muslimische Minderheit, statt sie, wie alle anderen, in Gesetze einzubinden.

Beispiele auch außerhalb Deutschlands

Auch außerhalb Deutschlands nehme die Distanz zu, etwa unter Orthodoxen, Katholiken und Protestanten in Europa, unterstrich der Wissenschaftler. Beispiele seien auch der Graben zwischen Buddhisten und Katholiken im südostasiatischen Birma und die Beziehung von Lutheranern und Muslimen in Indonesien. Großhans gehört zum Forschungsverbund "Religion und Politik" der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster.

dpa/epd