Westfalenhalle Dortmund. 17. Januar. Kurz vor 18 Uhr. Menschen mit Handy am Ohr stehen im Oval und winken suchend. Andere, vornehmlich weiß gekleidete Chorsänger, starten gut gelaunt auf ihren Rängen La-Ola-Wellen und Klatsch-Rhythmen. Gute Stimmung, kurz vor der Premiere des Poporatoriums "Die Zehn Gebote". Dieses Mega-Event der Evangelischen Kirche von Westfalen, gemeinsam mit der Creativen Kirche in Witten ist der Beitrag der evangelischen Kirche zur Kulturhauptstadt Ruhr 2010 – und es macht Spaß, schon bevor die Aufführung überhaupt begonnen hat.
Langsam füllen sich die Ränge. Im Publikum eine angenehme Mischung aus Jung und Alt, offiziellen Kirchenvertretern im Anzug und Familien mit Popcorn und Cola, die sich auf ein Musicalerlebnis der besonderen Art freuen. In allen Gesichtern vereint, die neugierige Erwartung.
So etwas hat es bisher noch nicht gegeben. Über 2.500 Sängerinnen und Sänger, aus Kirchenchören der Region tun sich zusammen, um gemeinsam etwas auf die Bühne zu bringen. So bunt, wie die Kirchenlandschaft aus der sie kommen, ist nun der Mega-Chor, der sich auf den Rängen der ausverkauften Westfalenhalle einstimmt.
2.500 Stimmen erklingen gemeinsam
Das Licht im Saal geht aus, einzig die Bühne bleibt erleuchtet. In einheitlichem schwarz gekleidet nimmt nun das Junge Orchester Nordrhein-Westfahlen und eine zusätzliche Begleitband platz. Der Dirigent hebt sachte den Taktstock, die Streicher setzen ein und der Chor zeigt, wie es klingt, wenn 2.500 Stimmen gemeinsam singen. Ein bombastisches Hörerlebnis. Was dann folgt, sind fast zwei Stunden hochklassiges Pop-Oratorium. Chor, Musiker und Solisten nehmen die Zuschauer mit nach Ägypten und schließlich Israel und erzählen die biblische Geschichte aus dem Buch Exodus entlang der Biographie des Mose.
All dies gelungen textlich umgesetzt von Liedertexter und Produzent Michael Kunze und musikalisch arrangiert von Dieter Falk. Der Erfolgproduzent, hatte sich seine Jurytätigkeit bei Popstars zu Nutze gemacht und als Solistin Bahar Kizil (Monrose) für die Rolle der Zipora gewinnen können. Als Mose, an ihrer Seite spielt der Musicalstar Michael Eisenburger.
Die Kombination von musikalischen Vollprofis und Amteurchören geht auf. Der Funke springt über und nimmt das Publikum gefangen. Erstaunlich, wie schnell es dem Ensemble gelingt ,eine Atmosphäre zu erzeugen, die die rund 9.000 Zuschauer mit in die Geschichte hineinnimmt – und die Geschichte hat es in sich: Die Storyline folgt den biblischen Stationen von der Berufung des Mose am brennenden Dornbusch, über die schwierige Sklavenzeit der Israeliten in Ägypten unter dem Pharao, der Wüstenzeit, bis hin zum Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai und dem sprichwörtlich gewordenen Tanz um das Goldene Kalb.
Lovestory und Verfolgungsjagd
Das Geschichtsepos gibt alles her, Lovestory, actionreiche Verfolgungsjagd, melodramatisches Macht- und Wertegerangel in der Wüste und schließlich das Happy End am Berg Sinai. Dort mündet die Quintessenz der Zehn Gebote in das Gebot der Nächstenliebe mit dem Ohrwurm "Liebe ist das Gebot, was ihr auch tut, Alles ist gut, wenn der eine den anderen liebt."
Die stärksten Szenen sind wohl die Gospelteile, in denen der Großchor klatschend, mehrstimmig richtig Gas gibt und den Solisten auf der Bühne die Show stielt. Eine ansteckende Stimmung, mit inhaltlichem Tiefgang, die viele der Zuschauer noch summend, pfeifend und singend auf dem Nachhauseweg begleitet – und vielleicht darüber hinaus. Denn es soll nicht bei diesem einmaligen Projekt bleiben. Einige der teilnehmenden Chöre werden das Oratorium regional aufführen, aber weitere Großveranstaltungen sind auch in Planung.