Atommüll-Endlager Asse soll komplett geräumt werden
Das Bundesamt für Strahlenschutz rät laut einem Zeitungsbericht, den Atommüll aus dem einsturzgefährdeten Endlager Asse bei Wolfenbüttel eiligst herauszuholen. Bundesumweltminister Röttgen allerdings will vorher noch weitere Untersuchungen.

Der Atommüll aus dem einsturzgefährdeten Endlager Asse bei Wolfenbüttel soll nach einem neuen Gutachten herausgeholt werden. Der "Kölner Stadtanzeiger" berichtete, dies sei die Empfehlung, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Freitag bei einer Pressekonferenz vorstellen wolle. Vor der endgültigen Entscheidung darüber will Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) allerdings den Zustand des radioaktiven Abfalls genauer untersuchen lassen. Erst dann könne das unterirdische Lager mit möglichst geringem Risiko stillgelegt werden, sagte Röttgen der "Braunschweiger Zeitung".

Bundesamtes für Strahlenschutz rät zu größter Eile

Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" sollten die 126.000 Fässer mit leicht- und mittelradioaktivem Atommüll in den 20 Kilometer entfernten Schacht Konrad, einen stillgelegten Eisenerz-Bergwerk in Salzgitter, gebracht werden. Das BfS rät der Politik zu größter Eile, da die Grube Asse instabil ist und Wasser eindringt. Mit den Arbeiten solle so schnell wie möglich begonnen werden. Im Vorfeld waren neben der kompletten Räumung des Salzstockes zwei weitere Varianten für die Sicherung des Endlagers im Gespräch: Die Umlagerung der Fässer in tiefere Regionen des Bergwerks, oder die Verfüllung der Hohlräume und der gesamten Schachtanlage mit Spezialbeton.

Röttgen betonte: "Nach jetzigem Erkenntnisstand und im Hinblick auf die Langzeitsicherheit erscheint die vollständige Rückholung als die bevorzugte Variante für die Stilllegung der Asse." Allerdings nur, wenn der Zustand der Grube und des Atommülls entsprechend stabil seien. Um das festzustellen müsse das Lager geöffnet und genau untersucht werden.

Die SPD hat Röttgen aufgefordert, den Bundestag zügig über die Planung für die Schließung des maroden Atommülllagers Asse zu informieren. "In dieser Sache darf keine Zeit mehr verloren gehen", sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch. Er forderte, nicht der Steuerzahler, sondern die Atomwirtschaft solle die Kosten für die Stilllegung der Asse tragen.

Auch BUND empfiehlt weitere Untersuchungen

Zu den Kosten der Aktion machte das Bundesamt für Strahlenschutz laut dem Zeitungsbericht keine Angaben. In einem Gutachten des Essener Ingenieur- und Consultingunternehmens DMT und des TÜV Nord werden die Kosten mit mehr als zweieinhalb Milliarden Euro beziffert. Experten hatten insgesamt drei verschiedene Wege zur Stilllegung des ehemaligen Salzbergwerks Asse geprüft - das Herausholen der Atommüll-Fässer, eine Umlagerung innerhalb der Grube oder das Füllen der Kammern.

Unterstützung erhält Röttgen von der Umweltschutzorganisation BUND. Auch der Atom-Experte des BUND, Thorben Becker, rät zu weiteren Untersuchungen. In der "Frankfurter Rundschau", sagte Becker, es sei zu früh für eine Entscheidung. Die Fässer rauszuholen sei eine Lösung mit "riesigen Fragezeichen", weil man viel zu wenig über den Zustand des Atommülls wisse.

Auch die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, in deren Region Gorleben als möglicher Standort für ein Atommüll-Endlager liegt, begrüßte grundsätzlich die Entscheidung, den Atommüll aus der Asse herauszuholen. Da der Zustand der Fässer und das radioaktive Inventar unter Tage aber noch nicht geklärt seien, sollte es keine übereilten Maßnahmen geben. Das Bundesamt für Strahlenschutz aber "drückt aufs Tempo statt die Fragen abzuarbeiten", kritisierte die BI.

Greenpeace: "Atommüll raus aus Asse"

Nach Ansicht von Greenpeace allerdings soll der Atommüll vollständig zurückgeholt werden. Er solle in ein neu zu bauendes oberirdisches Zwischenlager gebracht werden, sagte Heinz Smital, ein Atomphysiker der Umweltorganisation. "Das marode Endlager Asse ist eine Bombe, an der die Lunte bereits brennt." Niemand wisse genau, wie viel und welcher Atommüll in dem früheren Bergwerk lagere. "Klar ist aber, dass die Asse mit Wasser voll läuft und die lecken Atommüllfässer früher oder später das Trinkwasser in der Region radioaktiv verseuchen werden. Daher gibt es zur Bergung des gesamten Mülls keine Alternative."

An den Kosten der Bergung der Fässer und ihrer künftigen Lagerung müssten sich die Stromkonzerne als Hauptverursacher beteiligen. "Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung mit den Stromkonzernen über eine Laufzeitverlängerung für alte Atomkraftwerke und damit über ein weiteres Anwachsen des Atommüllberges spricht, während nicht einmal die Altschulden beglichen sind", sagte Smital. 63 Prozent der Radioaktivität im Endlager Asse stammen laut Greenpeace aus dem EnBW- Atomkraftwerk Obrigheim, 6 Prozent aus Abfällen aus RWE-Reaktoren und weitere 2 Prozent aus Atommeilern von Eon und Vattenfall.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat die Pläne zur Öffnung des einsturzgefährdeten Atommüll- Endlagers Asse begrüßt. "Wir hoffen, dass dieser Weg glückt, dass er machbar ist", sagte Wulff am Freitag in Berlin. Er sagte die Unterstützung der niedersächsischen Landesregierung zu und betonte zugleich: "Man soll aber nicht den Eindruck erwecken, das sei schon die Lösung des Problems."

dpa