Gouverneur: Bundeswehr in Kundus "wirkungslos"
Der Gouverneur der nordafghanischen Unruheprovinz Kundus hat den dortigen Einsatz der Bundeswehr als "wirkungslos" kritisiert. Angesichts der schlechten Sicherheitslage in der Region forderte Gouverneur Mohammad Omar in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Kundus mehr amerikanisches Engagement.

"Wir haben einen Feind und wissen, dass er uns töten will", sagte er mit Blick auf die Taliban. "Unsere (deutschen) Freunde beobachten das und retten uns nicht. Nun müssen wir unsere anderen (amerikanischen) Freunde bitten, uns zu retten." Omar verteidigte zugleich den von der Bundeswehr im vergangenen September angeordneten Luftangriff.

Um die Sicherheit sollten sich "effektivere Länder" kümmern

Der Sprecher der Bundeswehr in Kundus, Jürgen Mertins, sagte der dpa: "In den vergangenen Monaten haben wir eine ganze Reihe von Operationen im Raum Kundus durchgeführt zusammen mit der afghanischen Seite. Wir meinen, dass sich die Sicherheitslage im Raum Kundus dadurch deutlich verbessert hat." Die Bundeswehr arbeite sehr gut mit den afghanischen Sicherheitskräften zusammen. "Es ist durchaus verständlich, dass der Gouverneur die angekündigte Truppenverstärkung vonseiten der USA in der ihm eigenen Art willkommen heißt."

Omar sagte, er und der Provinzrat hätten vorgeschlagen, dass von den 30.000 zusätzlichen US-Soldaten in Afghanistan 3.000 alleine in Kundus stationiert würden. "Wenn man den Terrorismus beseitigen will, sind ernsthafte Handlungen gefragt." Die deutschen Soldaten wollten möglicherweise gegen die Taliban vorgehen, der Bundestag lege ihnen aber Steine in den Weg. "Das Parlament will nicht, dass Soldaten dabei getötet werden, wenn sie Aufständische bekämpfen." Die Verbesserung der Sicherheitslage in der Provinz sei allein durch US-Sondereinheiten und afghanische Kräfte erzielt worden. Die Bundeswehr sei dagegen "wirkungslos" gewesen. Um die Sicherheit in Kundus sollten sich künftig daher "effektivere Länder" kümmern.

Mangelnder Wiederaufbau kritisiert

Von den angekündigten zusätzlichen 30.000 US-Soldaten soll die überwiegende Mehrheit in den unruhigen Süden und Osten, ein kleinerer Teil aber auch in den deutschen Verantwortungsbereich im Norden Afghanistans geschickt werden. Eine genaue Zahl für den Norden steht noch nicht fest. Omar sagte, ihm fehlten in der Provinz Kundus 1.500 afghanische Polizisten, was er den Deutschen bereits vor einem Jahr mitgeteilt habe, ohne dass sich die Lage geändert habe. Deswegen sei auch der umstrittene Einsatz von Stammesmilizen gegen die Taliban in der Region gerechtfertigt. "Wir haben keine andere Option."

Omar sagte, aus seiner Sicht als Gouverneur sei der umstrittene und von der Bundeswehr angeordnete Luftangriff auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklastwagen im vergangenen September "richtig" gewesen. Bei den von dem Bombardement getöteten Zivilisten habe es sich um Angehörige von Aufständischen gehandelt. Omar kritisierte zugleich mangelnden Wiederaufbau in Kundus. Die Deutschen sollten ihre Anstrengungen auf die von ihnen verantwortete Provinz konzentrieren, statt Hilfsgelder über die Zentralregierung in Kabul auf das ganze Land zu verteilen, forderte der Gouverneur.

dpa