Der promovierte Benediktinerpater und Wirtschaftschef der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg gilt als einer der meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart. Seine Ratgeber und Lebenshelfer verkaufen sich besser als etwa die Bücher von Papst Benedikt XVI. Pater Anselm hat bisher etwa 15 Millionen Bücher verkauft, die rund 100 Millionen Euro Umsatz erzielten. Seine Werke wurden in 28 Sprachen übersetzt.
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Im Schreiben wie im Leben bezieht Anselm Grün sich auf den Gründer seines Ordens, Benedikt von Nursia. "Für Benedikt ist das Kennzeichen einer gesunden Spiritualität das weite Herz", sagt Pater Anselm. Tugenden wie Offenheit, Toleranz und Einfühlungsvermögen sind die Quellen der Popularität von Anselm Grün. Radikalität und Fanatismus lehnt er ab.
Seine Toleranz geht weit über das hinaus, was die Welt von einem katholischen Mönch erwartet. So lehnt er es beispielsweise strikt ab, Homosexualität als Sünde zu begreifen. Von konservativen katholischen Kreisen wird Grün immer wieder angegriffen.
"Wir brauchen einen kritischen Dialog"
Distanz übt er zu denjenigen Ländern des Islam, in denen die Religion von den Herrschenden als Waffe und Druckmittel gegen das Volk eingesetzt wird. "Wir brauchen einen kritischen Dialog", fordert er und reicht zugleich die Hand zum gegenseitigen Verständnis: "Wir können vom Islam auch viel lernen." Damit meint er besonders die liberale Tradition der Sufi.
Am 14. Januar 1945 im fränkischen Junkershausen geboren, verkaufte Anselm Grün schon als Kind im väterlichen Elektroladen Batterien und Taschenlampen. Dabei lernte er den Geschäftssinn des Vaters kennen und schätzen. Das bewog ihn offensichtlich, neben seinem Studium der Theologie und Philosophie auch das Fach Wirtschaft zu belegen. In einer Zeit, die geprägt war von der rebellischen 68er-Generation, lernte er nicht nur, gegen verkrustete Strukturen zu kämpfen, sondern auch die Bedeutung wirtschaftlicher Macht zu erkennen.
"Wertschöpfung durch Wertschätzung"
Er gibt zu, dass ihn die Kreativität im virtuosen Umgang mit Geld reizt, leistet sich auch die eine oder andere kleine Eitelkeit, wenn er darauf hinweist, dass die von ihm fürs Kloster Münsterschwarzach erwirtschaftete Rendite besser ist als die von Dax-Konzernen.
Zur Klientel von Anselm Grün gehören auch Konzernmanager. Sie lehrt der Benediktinermönch vor allem "Wertschöpfung durch Wertschätzung", also die Unternehmensführung mit Verständnis und Einfühlungsvermögen für die Mitarbeiter. "Das Ziel ist, nicht zu urteilen, sondern zu verstehen", lautet seine Devise.
Eine seiner "luxuriösen Eskapaden": Ein Cappuccino
Nach eigenen Angaben gibt er im Monat rund 50 Euro für persönliche Bedürfnisse aus. Eine seiner "luxuriösen Eskapaden" ist der eine oder andere Cappuccino in einem Restaurant während seiner Vortragsreisen.
Wie lang Pater Anselm das Kloster Münsterschwarzach noch unterstützt, ist ungewiss. Allerdings scheint das Erreichen des Rentenalters für ihn kein Grund zu sein aufzuhören. Einige wenige Nachfolger hat er zwar schon im Visier, aber, so sagte er vor geraumer Zeit: "Natürlich, ich kann loslassen. Aber wenn es soweit ist, wer weiß?"