Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) teilte am Mittwoch in Kabul mit, 2009 sei die Gesamtzahl der getöteten Unbeteiligten verglichen mit dem Vorjahr um 14 Prozent auf 2.412 gestiegen.
Verantwortlich für den Anstieg sind Aufständische wie die Taliban - auf ihr Konto gehen 67 Prozent der Toten. Damit habe die Zahl derjenigen Opfer, die bei Angriffen und Anschlägen der Aufständischen umkamen, um 40 Prozent zugelegt. Die Zahl der Opfer, für die ausländische und einheimische Sicherheitskräfte verantwortlich waren, habe seit dem Vorjahr dagegen um 28 Prozent abgenommen. Die Militäroperationen hätten insgesamt noch einen Anteil von 25 Prozent an den zivilen Opfern - das sind rund 600. Davon wiederum sei die Mehrheit (60 Prozent) durch Luftangriffe getötet worden. Die restlichen acht Prozent der 2.412 Toten könne auf keine Konfliktpartei zurückgeführt werden.
Verlustreichstes Jahr auch für die internationalen Truppen
Die UNAMA-Verantwortliche für Menschenrechte, Norah Niland, sagte, der Rückgang ziviler Opfer bei Militäroperationen sei auf das vorsichtigere Vorgehen der Truppen zurückzuführen. Die Sicherheitskräfte müssten ihre Anstrengungen aber noch verstärken. UNAMA rief beide Konfliktparteien dazu auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und die Auswirkungen auf Zivilisten zu minimieren. "Der Konflikt hat sich verschärft und in Gegenden ausgebreitet, die zuvor als sicher galten", sagte Niland. "Die Sicherheit und das Wohlergehen der Zivilbevölkerung müssen an erster Stelle stehen." Von 2007 auf 2008 war die Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan noch deutlich stärker gestiegen als von 2008 auf 2009: um fast 40 Prozent.
2009 war nicht nur für die Zivilbevölkerung, sondern auch für die internationalen Truppen in Afghanistan das verlustreichste Jahr. Nach Angaben des unabhängigen Internetdienstes icasualties.org kamen 2009 mehr als 450 ausländische Soldaten gewaltsam ums Leben. 2008 lag die Zahl demnach bei 264. Unter den Opfern 2009 waren auch fünf Bundeswehr-Soldaten, darunter einer, der in Deutschland an den Spätfolgen eines Anschlags in Afghanistan aus dem Vorjahr starb. Insgesamt kostete der Einsatz am Hindukusch bislang 36 deutsche Soldaten das Leben, 17 davon starben bei Anschlägen und Gefechten.
Regierungserklärung am 27. Januar
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ unterdessen verlauten, dass sie kurz vor der internationalen Afghanistan-Konferenz mit einer Regierungserklärung Klarheit über die Zukunft des Bundeswehr-Einsatzes schaffen werde. Merkel werde die Erklärung am 27. Januar im Bundestag abgeben, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Einen Tag später wird es bei der Konferenz in London auch darum gehen, ob Deutschland mehr als die bisher bis zu 4.500 Soldaten in Afghanistan stationieren wird. Von der Regierung gibt es dazu bisher keine klaren Angaben. Denkbar ist vor allem mehr zivile Aufbauhilfe, sie liegt bisher bei 144 Millionen Euro pro Jahr.
Mit Blick auf die Londoner Afghanistan-Konferenz forderte Bundespräsident Horst Köhler am Mittwoch überzeugende Ergebnisse. Beim Neujahrsempfang für das diplomatische Corps verlangte er einen "durchdachten Plan", damit das Land seinen Weg in die Zukunft selbst bestimmen könne. Die Soldaten der Bundeswehr und der Verbündeten stünden in Afghanistan "in einem schwierigen Kampf - um unserer eigenen Sicherheit und der universalen Menschenrechte willen".
Der Grünen-Verteidigungspolitikers Omid Nouripour forderte von der Bundesregierung, die Ziele des Afghanistan-Einsatzes klarer zu definieren. "Man darf nicht nur über die Instrumente sprechen, sondern muss der deutschen Öffentlichkeit erklären, warum man in Afghanistan ist", sagte er zum Abschluss einer mehrtägigen Afghanistan-Reise.