Dunkle Wolken bei Horst Köhlers Neujahrsempfang
Am Ende gab es einen Glückspfennig für Angela Merkel und ihre Kabinettskollegen. Thaddäus Mußner aus Freilassing in Bayern, Initiator der "Aktion Kaminkehrer" für bedürftige Familien, hatte sich die nette Geste für den Neujahrsempfang des Bundespräsidenten ausgedacht. "Das können wir gebrauchen", murmelte die Kanzlerin und hielt die Ein-Pfennig-Münze fest in der Hand.
12.01.2010
Von Frank Rafalski

Alle Kabinettsmitglieder - bis auf den gerade in Afrika reisenden Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel - waren im Schloss Bellevue an diesem Dienstag erschienen, um Horst Köhler und seiner Frau Eva die besten Wünsche für 2010 zu überbringen. Bei diesem ersten Wiedersehen der Berliner Politik nach dem Jahreswechsel herrschte - zumindest öffentlich - keine Krisenstimmung. "Alles Quatsch", beschied Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) alle, die ihn nach den Querelen in der schwarz-gelben Koalition befragten. Sie sollen das Thema des "Neustart-Gipfels" an diesem Sonntag im Kanzleramt sein.

Sorgen machten sich dagegen einige der als Sondergäste geladenen Bürger. Helfer in der Altenpflege und Behindertenhilfe, Freiwillige in der Ausländer- und Integrationsbetreuung aus allen Bundesländern waren auch diesmal dabei. Hinter vorgehaltener Hand machte sich der eine oder andere von ihnen durchaus Luft, wenn es um das aktuelle Erscheinungsbild "von denen da oben in der Politik" ging.

"Eine ganz neue Dimension der Krise"

"Unter dem Strich ist das erschreckend", resümierte einer, der sich in der Altenpflege engagiert. Gerade ehrenamtliche Projekte, die dringend auf Staatshilfe angewiesen sind, lebten vom Vertrauen in die Entscheidungen der Politik. "Das ist erschüttert. Und dann die unendliche Bürokratie, bis es zu der erhofften Unterstützung kommt. Da könnte ich viel erzählen", sagte ein Köhler-Gast. Er freute sich aber dennoch sehr, beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten dabei zu sein. Seinen Namen wollte er aber nicht in der Zeitung lesen.

Andere, die dem Politikbetrieb näher sind, beschlichen bei dem Anblick der bald drei Stunden an Horst Köhler und seiner Frau vorbeidefilierenden Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur düstere Gedanken. "Da tut sich eine ganz neue Dimension der Krise auf, das haben die meisten noch gar nicht begriffen", sagte der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück. Am Rande dachte der frühere bayerische Landtagspräsident dabei auch auch an seine Partei: "Das ist die gefährlichste Situation für die CSU seit 50 Jahren."

Am Ende fiel noch auf, dass sich kein Ministerpräsident der Flächenstaaten bei Köhler blicken ließ, auch kaum ein Spitzenvertreter der Banken. Und auch die Parteispitzen von SPD und der Grünen glänzten durch Abwesenheit. Sie bekamen somit auch keinen Glückspfennig von dem Mann mit dem Spruch auf seinem schwarzen Berufskleid: "Zum Glück gibts den Kaminkehrer."

dpa