TV-Tipp: "Manatu - Nur die Wahrheit rettet Dich"
Mal so einen richtig schönen Spieleabend machen, will eine Familie in diesem Fernsehfilm. Doch das geht ein wenig nach hinten los. Es entwickelt sich ein Spiel um Leben und Tod.
12.01.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Manatu - Nur die Wahrheit rettet Dich", Dienstag, 12. Januar, 20.15 Uhr auf Sat.1

Die Idee ist reizvoll, aber nicht neu: Ein Gesellschaftsspiel entpuppt sich als Kampf auf Leben und Tod. Doch während in den Hollywood-Spektakeln "Jumanji" und "Zathura" auch schon mal ein Nashorn durchs Zimmer galoppiert oder das gesamte Haus ins Weltall fliegt, kommt die Sat.1-Variante zwangsläufig eine Nummer kleiner daher: Nicht imposante Monster aus dem Rechner oder mordlustige Außerirdische, sondern holografische Eingeborene werden hier beschworen. Auch die Aufgaben sind eher schlicht: Durch entsprechende Gestik, mit der man die über dem Spielbrett schwebende Figur dirigiert, rudern die Spieler über einen reißenden Fluss oder spießen mit dem Speer Fische auf.

Während sich diese Herausforderungen in Grenzen halten und die Teilnehmer auch keine Konsequenzen fürchten müssen, wenn die Eingeborenen ins Wasser plumpsen, bergen die roten Felder eine tödliche Gefahr. Jetzt endlich kommt die Fantasie ins Spiel, die einzige Dimension, in der eine vergleichsweise winzige TV-Produktion mit einem Hollywood-Film konkurrieren kann: Kommt man auf ein rotes Feld, erscheint ein wabernder Schädel und stellt drei Fragen. Der gesamten Spielgruppe ist insgesamt bloß eine einzige Lüge erlaubt. Bei allen weiteren finden sich sämtliche Teilnehmer über einem gähnenden Abgrund wieder, der aussieht wie in den Dschungel getriebener Schacht: Sie stehen auf kleinen Plattformen, die zudem nach und nach ruckartig in der Wand verschwinden. Es gibt allerdings einen Ausweg, eine unerreichbar scheinende Tür; drücken die Teilnehmer bunte Knöpfe in der richtigen Reihenfolge, wachsen Stufen aus der Wand.

Natürlich lebt "Manatu", das Spiel wie auch der Film, von dieser tödlichen Ebene; die Stationen dazwischen sind mal mehr, mal weniger unterhaltsamer Zeitvertreib. Autor Sven Böttcher verzichtet außerdem darauf, aus den Lügen nennenswertes dramaturgisches Kapital zu schlagen. Der große Bruder wird zwar als "Spanner" überführt, doch er hat seiner halbwüchsigen Schwester nur nachspioniert, weil er sie bei ihrem Freund in schlechten Händen glaubt. Und dass Muttern vergessen hat, einen Kasten Mineralwasser zu bezahlen, ist ihr zwar peinlich, aber eine durchaus lässliche Sünde. Dass auch die kleine Tochter Betty die Familie in die Grube befördert, weil sie nicht zugeben will, sich eine Haarspange ihrer Schwester "geliehen" zu haben, ist allerdings schwer zu glauben, nachdem die Sippschaft bereits zwei Mal nur knapp dem Tode entronnen ist.

Die Rahmenhandlung ist ohnehin ein bisschen schwach. Außerdem ist es etwas schade, dass die Familie immer wieder in der selben Grube landet: Sie hat die Herausforderung beim ersten Mal so souverän gemeistert, dass später keine richtige Spannung mehr aufkommt; da können die Damen noch so überzeugend kreischen, wenn sie am Seil über der schwindelnden Tiefe baumeln.
 


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).