Westerwelle pocht auf Stabilität im Jemen und Menschenrechte
Außenminister Guido Westerwelle hat vor einem Abdriften des Jemen in Richtung Terrorismus gewarnt. "Wir haben ein großes Interesse an einem stabilen Jemen, der kein Rückzugsgebiet für Terroristen wird", sagte Westerwelle am Samstag auf seiner Reise durch die Golf-Region. Gemeinsam mit dem saudischen Außenminister Prinz Saud al-Faisal mahnte er die Staatengemeinschaft, die Entwicklung im ärmsten Land der arabischen Halbinsel aufmerksam zu verfolgen. Westerwelle sprach in Saudi-Arabien auch das Thema Menschenrechte an. In den USA steht derweil der Attentäter von Weihnachten vor Gericht und warnte vor weiteren Anschlägen.

International wächst die Sorge, dass die Terrororganisation El Kaida ihren Einfluss im Jemen ausbaut. Zudem führen schiitische Rebellen im Grenzgebiet zu Saudi-Arabien Krieg gegen die Zentralregierung in Sanaa. Riad vermutet, dass die Rebellen vom Iran unterstützt werden. Nach wie vor gibt es auch keine Gewissheit über das Schicksal einer fünfköpfigen Familie aus Sachsen, die vor sechs Monaten im Jemen entführt wurde. Die Zentralregierung hat erklärt, das Paar mit seinen drei Kindern sei noch am Leben.

Westerwelle zeigte sich offen für den Vorschlag, am Rande der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London auch über Hilfe für den Jemen zu beraten. Die jemenitischen Behörden müssten in die Lage versetzt werden, selbst für Sicherheit zu sorgen. Auch andere Länder haben bereits Unterstützung signalisiert. Mit Entwicklungshilfe über knapp 80 Millionen Euro für den Jemen in den Jahren 2009/10 steht Deutschland in Europa an der Spitze. Saudi-Arabien unterstützt den armen Nachbarn mit Finanzhilfen in Milliardenhöhe.

Warnung vor Einmischung von außen

Der saudische Außenminister warnte mit Blick auf den Iran vor einer "Einmischung von außen": "Der Jemen muss ein souveräner und unabhängiger Staat bleiben." Bei seinem eintägigen Besuch in Saudi-Arabien - einem der konservativsten Länder der Welt - kam Westerwelle auch mit König Abdullah zusammen. Der über 80-jährige Monarch empfing den FDP-Chef für annähernd zwei Stunden in seinem Privatpalast.

Westerwelle sprach in dem Königreich - wo Frauen verschleiert sein müssen, es weder Parteien noch Gewerkschaften gibt und immer noch die Todesstrafe vollstreckt wird - auch die Menschenrechte an. "Es gibt selbstverständlich auch Meinungsunterschiede zwischen uns. Wir haben ausführlich über die Menschenrechte gesprochen, bis hin zu der Frage der religiösen Pluralität." Die EU sei "der Überzeugung, dass die Todesstrafe überall abgeschafft werden soll". Prinz Saud entgegnete, es gebe "unterschiedliche Wertesysteme".

Westerwelle und Saudis für zwei Staaten in Palästina

Mit Blick auf die Afghanistan-Konferenz am 28. Januar warben beide Minister für mehr Anstrengungen zum zivilen Wiederaufbau. Sie sprachen sich zudem für eine schnelle Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen im Nahen Osten aus. Als Ziel nannten Westerwelle und der Prinz eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern. Im Konflikt um das iranische Atomprogramm appellierten beide an Teheran, auf das Kompromissangebot der Staatengemeinschaft einzugehen.

Westerwelle hält sich noch bis Montag auf der arabischen Halbinsel auf. Am Sonntag standen Gespräche in Katar und den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf dem Programm. Begleitet wird der Außenminister von deutschen Managern, die auf neue Geschäfte am Persischen Golf hoffen. Überraschend kündigte der FDP-Minister an, auf seinem Weg auch Jemen noch zu besuchen. Ein jemenitischer Regierungsbeamter sagte am Sonntag, Westerwelle werde am Montag in der Hauptstadt Sanaa erwartet.

Es gibt noch mehr Terrorbomber im Jemen

Im Prozess gegen Umar Farouk Abdulmutallab hat der Flugzeug-Attentäter vom ersten Weihnachtstag gestanden, dass es im Jemen noch 20 weitere Attentäter gebe, die nach dem gleichen Muster wie er trainiert wurden und die ebenfalls Attentate verüben sollen. Der britische Geheimdienst bestätigte die entsprechende Meldung des Fernsehsenders CBS.

Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen haben die US-Flugsicherheitsbehörden am Wochenende zusätzliche Kontroll-Maßnahmen für Flugreisende in die USA erlassen. Seitdem werden Passagiere aus 14 besonders terrorverdächtigen Ländern ausnahmslos beim Einchecken abgetastet und ihr Handgepäck wird durchsucht. Auf dieser Roten Liste des US-Außenministeriums stehen unter anderem verschiedene arabische Länder sowie Nigeria, das Heimatland von Abdulmutallab.

Attentäter plädiert auf "nicht schuldig"

Der 23-Jährige Abdulmutallab war am Freitag erstmals einem Richter vorgeführt worden. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wurde die Anklage gegen ihn vor einem Bundesgericht in Detroit im Bundesstaat Michigan verlesen. Abdulmutallab nahm sie nach Aussagen eines Gerichtssprechers ohne sichtbare Emotionen auf und bekannte sich anschließend nicht schuldig. Eine Grand Jury (Anklagekammer) hatte Abdulmutallab in sechs Punkten angeklagt - unter anderem wegen versuchten Einsatzes einer Massenvernichtungswaffe und versuchten Mordes.

Der zierliche junge Mann erschien in Fußfesseln, abgeschirmt von seinen Anwälten und Sicherheitskräften. Augenzeugen berichteten, der in einem weißen T-Shirt und khakifarbenen Hosen gekleidete Nigerianer habe niedergeschlagen gewirkt. Er habe mit hängenden Schultern dagesessen, zu Boden geblickt und so leise gesprochen, dass der Richter ihn auffordern musste, seine Stimme etwas zu erheben. Ein Sprecher des Gerichts, Rod Hansen, erklärte hingegen, Abdulmutallab habe ruhig und ohne sichtbare Emotionen seinen Namen buchstabiert und seinen Bildungsstand erklärt. Der Angeklagte habe unter Schmerzmitteln gestanden. Seine Anwälte hätten jedoch beteuert, dass er allen sechs Anklagepunkten folgen könne. Die Rechtsvertreter des Nigerianers hätten keinen Widerspruch dagegen eingelegt, dass Abdulmutallab bis zum Prozessbeginn in Haft bleibt.

Beweislage ist vergleichsweise klar: Auf frischer Tat ertappt

Abdulmutallab droht im Fall eines Schuldspruchs lebenslange Haft. Bis zur Prozesseröffnung könnte es aber noch Monate dauern. In den meisten größeren Justizfällen folgt auf die Anklageverlesung noch eine Reihe von gerichtlichen Anhörungen, bevor schließlich das Hauptverfahren beginnt. Dieses dürfte nach Experteneinschätzung relativ kurz werden, weil die Beweislage klar sei: Abdulmutallab sei schließlich auf frischer Tat ertappt worden.

Der Angeklagte hatte am ersten Weihnachtstag versucht, in einer aus Amsterdam kommenden Delta/Northwest-Maschine kurz vor der Landung in Detroit einen Sprengsatz zu zünden. Dabei erlitt er selbst Verbrennungen.

dpa