Menschenrechtler: Hilfe auch bei Menschenrechtsverletzungen
Die deutsche Entwicklungshilfe muss sich Menschenrechte stärker in den Blick nehmen, fordern Wissenschaftler. Bei Menschenrechtsverletzungen einfach die Hilfe einzustellen, greife aber zu kurz.

Alle Projekte der Entwicklungszusammenarbeit müssten zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage beitragen, heißt es in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Positionspapier des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Das sei bislang noch nicht der Fall, sagte Anna Würth, eine der beiden Autorinnen des Papiers, dem epd. "Menschenrechte sind rechtliche Verpflichtungen, nicht nur Werte", heißt es in dem Papier.

Hilfe für diskriminierende Länder einzustellen greift zu kurz

Nach Ansicht der Autorinnen, Andrea Kämpf und Anna Würth, werden in Debatten über die Entwicklungspolitik Menschenrechte häufig dann thematisiert, wenn Partnerregierungen Menschenrechte verletzen. Die dann regelmäßig erhobene Forderung, die Entwicklungshilfe einzustellen, greife aus menschenrechtlicher Sicht aber zu kurz.

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der während der kommenden Tage Ruanda, die Demokratische Republik Kongo und Mosambik bereist, hatte angekündigt, Entwicklungshilfe stärker von der Einhaltung der Menschenrechte abhängig zu machen. Er hatte dabei auch Uganda im Blick, wo künftig Homosexualität noch stärker bestraft werden soll.

"Wenn die Regierung oder die Bevölkerung eines Landes Homosexuelle oder ethnische Minderheiten diskriminieren, wird beispielsweise die Einstellung eines Wasserprogramms daran nicht viel ändern", so die Autorinnen des Positionspapiers. Zum Schutz und zur Förderung von Menschenrechten beizutragen könne auch bedeuten, mit Ländern entwicklungspolitisch zusammenzuarbeiten, deren Regierungen Menschenrechte verletzen. "Die Entwicklungszusammenarbeit muss unter solchen Umständen vor allem die lokalen und regionalen Akteure, die im Menschenrechtsschutz aktiv sind, stärken."

Dramatische Gesundheitssituation in Zielländern Niebels

Zu seiner ersten größeren Reise im neuen Amt sagte Niebel, die drei afrikanischen Länder "haben schwere Konflikte durchlebt und befinden sich in unterschiedlichen Phasen des Wiederaufbaus und der Entwicklung". Weiter sagte der Minister, der wegen seiner früheren Bestrebungen, das Entwicklungshilfeministerium abzuschaffen unter kritischer Beobachtung von Hilfsorganisationen steht, vor seinem Abflug: "Afrika ist unser unmittelbarer Nachbar und der Kontinent, auf dem wir uns am meisten engagieren müssen, was die Bekämpfung der Armut und Hilfe zur Selbsthilfe angeht. Ich möchte mir daher auf dieser Reise selbst ein Bild von unserem Engagement und der Situation in drei wichtigen Partnerländern unserer Zusammenarbeit machen."

Die drei Ziellänger seiner einwöchigen Reise haben schwere blutige Konflikte durchlebt. Ruanda und Mosambik stehen aus Sicht des Ministeriums für beeindruckende Entwicklungserfolge. Die Demokratische Republik Kongo (auch Ostkongo, früher Zaire) wird immer noch von Gewalt erschüttert.

Im Vorfeld der Reise Niebels machte die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) auf die dramatische Gesundheitssituation in diesen Ländern aufmerksam, insbesondere von Frauen. In Ruanda sterbe eine von 16 Frauen bei der Geburt, in Kongo sogar eine von 13 Frauen. Die meisten dieser Todesfälle wären nach Ansicht des DSW vermeidbar, wenn die Geburt durch einen Arzt oder eine Hebamme betreut würde. DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr erinnerte daran, dass der UN-Menschenrechtsrat 2009 die weltweite Müttersterblichkeit als zentrales Menschenrechtsproblem anerkannt habe. Eine entsprechende Resolution habe auch Deutschland mitgetragen.

dpa/epd/ups