Angesichts der Probleme mit EC- und Kreditkarten könnte nach Sparkassenangaben auch ein Austausch fehlerhafter Karten nötig werden. Derzeit wird daran gearbeitet, die Schwierigkeiten mit falsch programmierten Mikrochips auf rund 30 Millionen Karten aller Kreditinstitute zentral über neue Software zu lösen. "Sollte sich herausstellen, dass das so ganz einfach nicht geht, werden die Kunden angeschrieben und gebeten, die alte Karte abzugeben und sich eine neue zu holen", sagte der stellvertretende Sprecher des Ostdeutschen Sparkassenverbands, Wolfram Morales, am Mittwoch dem Sender MDR Info.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangte von Banken und Sparkassen "mehr Sorgfalt", um die Funktionsfähigkeit der Karten zu gewährleisten. "Wenn Kunden jetzt gezwungen sind, am Bankschalter Bargeld zu holen, dürfen dafür keine Gebühren berechnet werden", sagte sie dem "Tagesspiegel". Der Handelsverband Deutschland (HDE) forderte, die Zahlung mit EC-Karte und Unterschrift auszubauen, die auch jetzt genutzt werde, wenn es an der Ladenkasse mit EC-Karte und Geheimzahl nicht funktioniere. Der Handel hoffe, dass Einbußen durch entgangene Geschäfte "in überschaubarem Rahmen bleiben", sagte HDE- Experte Ulrich Binnebößel dem Audiodienst der dpa.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der Bankenverband (BdB) entschuldigten sich für die Unannehmlichkeiten. Vor großen Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Bargeld können Reisende im Ausland stehen. Denn in einigen Ländern dürfte es noch länger dauern, bis die Abhebung am Automaten wieder reibungslos läuft. Touristen wird empfohlen, vorsorglich Reiseschecks mitzunehmen. Grund für die Panne seit dem 1. Januar ist ein Software-Fehler in den Mikrochips von neuen Karten. Sie verarbeiten die neue Jahreszahl 2010 nicht korrekt.
Rund 20 Millionen Sparkassenkunden betroffen
Auch am Dienstag wurden noch Fälle im Inland bekannt, in denen EC-Karten von Geldautomaten nicht akzeptiert wurden. Dabei wird nach Eingabe der Geheimnummer und des gewünschte Geldbetrages auf dem Bildschirm "Kartenfehler" angezeigt und die Karte wieder ausgegeben. Inzwischen sollen die Karten "an nahezu allen Geldautomaten" in Deutschland wieder akzeptiert werden.
Der DSGV berichtete, bei den Sparkassen seien bereits seit dem Wochenende alle 25.700 Geldautomaten wieder funktionstüchtig. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken sei nur ein Teil der EC-Karten, nicht aber die Kreditkarten von dem Fehler betroffen, hieß es beim Verband BVR.
Von den Einschränkungen an den Ladenkassen sind laut DSGV allein 20 Millionen (von 45 Millionen) EC-Karten von Kunden der Sparkassen und Landesbanken betroffen, außerdem etwa 3,5 Millionen der 8 Millionen ausgegebenen Kreditkarten.
Bei Kartenersatz droht Banken Kosten in Milliardenhöhe
"In weiten Teilen des Auslands" gebe es bei den fraglichen EC- und Kreditkarten Einschränkungen an Geldautomaten und Händlerterminals, teilte der Verband mit. Der DSGV bemühe sich, für die fünf großen Urlaubsländer Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich und Spanien schnell sicherzustellen, dass die Karten angenommen werden. Notfalls sind Barauszahlungen mittels einer Kreditkarte am Schalter einer Bank im Ausland gegen Unterschrift und Vorlage eines Ausweises möglich, wie der Bundesverband deutscher Banken erklärte.
Die Fehlfunktion könnte für die Geldinstitute einem Pressebericht zufolge auch finanziell zur Belastung werden. Mehrere Beteiligte von Zahlungsverkehrsdienstleistern, Branchenverbänden und einzelnen Banken erklärten laut "Handelsblatt" (Mittwoch), dass mittlerweile zur Behebung der Panne auch ein Austausch von Karten diskutiert werde. Würden alle rund 30 Millionen fehlerhaften Karten ersetzt, käme auf die deutschen Banken insgesamt vermutlich ein dreistelliger Millionenbetrag zu - möglicherweise mehr als eine Viertelmilliarde Euro.
Mögliche Schadensersatzforderung noch offen
Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) - die Dachorganisation der Branche, der derzeit vom Sparkassenverband gesteuert wird - habe entsprechende Überlegungen nicht dementiert. "Es werden momentan die langfristigen Optionen geprüft", sagte eine Sprecherin dem Blatt. Entscheidungen seien noch nicht gefallen. Grund für die drohenden Millionenlasten seien die weiter ungelösten Probleme bei Kartenzahlungen und -abhebungen im Ausland, sagten mehrere Insider dem Blatt. Es sei bislang offen, ob sich diese ähnlich wie in Deutschland durch eine Umprogrammierung von Geldautomaten lösen lassen.
Der französische Technologiekonzern Gemalto räumte unterdessen auf Anfrage ein, fehlerhafte Karten ausgeliefert zu haben. "Auch bei unseren Karten ist das Problem aufgetreten", zitierte das Blatt Marketing-Direktor Christoph Siegelin. Wie viele der 30 Millionen fehlerhaften Karten von Gemalto stammen, habe er offen gelassen. Auch zu möglichen Schadenersatzforderungen durch die deutsche Kreditwirtschaft machte er keine Angaben.