40 Tage vor dem Weihnachtsfest, das von den orthodoxen Griechen am 25. Dezember begangen wird, beginnt eine 40-tätige Fastenzeit. Milch und tierische Produkte sind in dieser Zeit verboten. Auch der 24. Dezember fällt noch unter das Fastengebot. Eine Adventszeit kennt das griechisch-orthodoxe Fest nicht. Vom 15. November bis einschließlich 24. Dezember bereitet man sich auf die Geburt von Jesus vor. Sinn ist es, sich selbst bewusst zu werden, seinen Weg auf dem man sich befindet zu überdenken und zu Gott zurückzukehren. Durch das Gefühl von Hunger und dem bewussten Verzicht auf besonders nahrhafte Gerichte soll man sich bewusst werden, dass es außer seinen körperlichen Bedürfnissen auch noch geistige Dinge zu überdenken gilt.
Als weihnachtlicher Schmuck wurden früher kleine Schiffe gebastelt und beleuchtet. Der Heilige Vassili kam der Legende nach mit dem Schiff über das Meer. Daher gibt es die alte Tradition, zu Weihnachten kleine Schiffe zu schmücken. Dieser Brauch wurde früher in allen Küstengebieten und auf den Inseln gepflegt, jedoch in den letzten Jahren durch den Christbaum abgelöst. In manchen Regionen Griechenlands werden aber noch heute Schiffe mit Lichterketten geschmückt.
Kobolde treiben ihr Unwesen
Am 24. Dezember wird mit dem Singen der Kalanda die Weihnachtszeit eingeläutet. Schon morgens ziehen Kinder von Haus zu Haus und singen in Begleitung von Triangeln das traditionelle Weihnachtslied, das die Geburt Christi ankündigt. Nach dem Vortrag überbringen die Kinder ihre Segenswünsche für die Hausbewohner. Die Kinder werden heute dafür entweder mit etwas Süßem oder Geld belohnt. Dieser Umzug dauert den ganzen Tag. Ursprünglich diente das Kalandasingen als Anlass für Wohltätigkeit und Bescherung der Armen.
Am Abend des 24. Dezember entzünden die Griechen ein zwölftätiges Weihnachtsfeuer. Es soll die Kalikantzeri - verfressene Kobolde, die in der Weihnachtszeit von den Düften der Festtagsvorbereitungen unter der Erde hervorgelockt und dann ihr Unwesen treiben - fernhalten. Am Heiligen Abend, der am 25. Dezember gefeiert wird, kommt das größte und beste Holzscheit in den Kamin, um das Jesuskind zu wärmen. An diesem Tag feiern die Griechen das Weihnachtsfest im Kreis ihrer Familie. Am Morgen geht die ganze Familie zur Kirche. Die Menschen wünschen sich Kala Xristougenna (Frohe Weihnachten) oder Xronia polla (Herzlichen Glückwunsch – wörtlich übersetzt: viele „gute“ Jahre). Danach finden sich Familie und Verwandte zum gemeinsamen Essen und Trinken zusammen. Zum Weihnachtsfest gehören als traditionelles Weihnachtsgebäck Kourambiedes, das sind Butterplätzchen mit Mandeln und viel Puderzucker, und Melomakarona, ein Gebäck mit Honigsirup. Während der Weihnachtszeit wird auch das Christopsomo (Weihnachtsbrot) gebacken und vor die Ikonen des Hauses gelegt. Das Brot wird mit einem „A“ (steht für den Pflug) und einem „B“ (steht für das Joch der Ochsen, die den Pflug ziehen) verziert.
Vassilopita: Der Neujahrskuchen mit der Münze
Am Silvesterabend, dem Abend vor Protoxronia (Neujahr) sitzen viele besonders gern bei Glücksspielen zusammen. Wer jetzt gewinnt, dem wird das neue Jahr besonders viel Glück bescheren. Kurz vor Mitternacht stimmen die Kinder eine weitere Kalanda ein. Sie singen das Lied „Pai o palios o Xronos“ – Das alte Jahr geht weg. Man verabschiedet sich vom alten Jahr und begrüßt das Neue. Um Mitternacht wird die Vassilopita (Neujahrskuchen) angeschnitten. Ein Kuchen mit einer eingebackenen Münze. Wer in seinem Kuchenstück die Münze findet, dem winkt im neuen Jahr besonders viel Glück. Der Älteste des Hauses schneidet das Gebäck in gleiche Teile, legt jeweils eins für den Heiligen Vassili, für Christus, für die Mutter Gottes, für das Haus und für den „Armen“ beiseite und teilt die restlichen Stücke auf die Familienmitglieder auf.
Der Brauch mit der Vassilopita wird auf den Bischof Vassilios (330-379) in Kapadokien zurückgeführt. Das Land stand damals unter römischer Herrschaft. Der römische Präfekt erhob derart hohe Steuern, dass die die meisten Menschen sie nicht aufbringen konnten. Da bat Bischof Vassilios die Reichen des Landes, den Anteil der Armen an der Steuersumme zu spenden. Die Vermögenden unter den Kapadokiern gaben und Vassilios konnte die geforderte Summe dem Präfekt überbringen. Als der Präfekt hörte, wie der Bischof dieses Gold zusammenbrachte, war er davon derart gerührt, dass er nun auf die Erhebung der Steuer verzichtete.
Nun hatte der Bischof ein neues Problem. Er besaß eine große Zahl von Münzen und Schmuckstücken. Es war einfach nicht mehr nachvollziehbar, wer der Spender jeden Teiles war. So ließ Vassilios Kuchen backen und in jeden Kuchen eine Münze oder ein Schmuckstücke verstecken. Das Gebäck wurde unter den Armen von Kapadokien verteilt. Der Legende nach hat jeder sein eigenes Gold- bzw. Schmuckstück in seinem Gebäckstück gehabt.
Höhepunkt des Weihnachtsfestes: Die Grosse Wasserweihe
Am 1. Januar feiert die orthodoxe Kirche die Beschneidung des Herrn. Die Kinder warten vor allem gespannt auf die Ankunft des Heiligen Vassili, der ihnen am Neujahrstag, seinem Festtag, die Geschenke bringt. Der Kirchenvater ist einer der populärsten Heiligen, um den sich selbst in den Städten bäuerliches Brauchtum und volkstümliche Neujahrssitten erhalten haben. Er ist der Schutzheilige der Kinder und Hüter der Schifffahrt. Er war wohltätig und hilfsbereit. Zu einer Zeit, als der Staat kein Geld für arme und kranke Menschen ausgab, baute der Heilige Vassili in einem Stadtteil - Vassiliada - Heime für Kranke, Waisenkinder und ältere Menschen und bot jedem Unterschlupf. Er genoss das Vertrauen der ganzen Stadt und als er starb, trauerten Christen und Hebräer gemeinsam um ihn. Zu Neujahr begrüßen sich die Griechen mit „Kali Xronia“ – Gutes neues Jahr oder auch wieder mit Xronia polla.
Der Höhepunkt des Weihnachtsfestes ist Epiphania am 6. Januar. Die Gotteserscheinung und die Taufe Christi werden gefeiert. Die Große Wasserweihe gehört zu den eindrucksvollsten Feiern der orthodoxen Kirche. Das ist der Tag im griechisch-orthodoxen Kirchenjahr, an dem Jesus von Nazareth durch Johannes den Täufer getauft worden sein soll. In Griechenland wandern nach der Liturgie alle zum Gewässer des Ortes - zum Meer, einem Fluss, See oder auch einem Wasserspeicher. Der Priester wirft ein orthodoxes goldenes Kreuz ins Wasser, dem dann junge Männer nachtauchen. Wer das Kreuz als erster raus fischt, erhält gesonderten Segen. Dazu läuten in den Orten sämtliche Glocken und die Schiffe im Hafen begleiten mit Schiffsglocken, Pfeifen und Nebelhörnern das Glockenspiel. An diesem Tag werden die nervenden Kalikanzari nach der Wasserweihe wieder in die Unterwelt geschickt.
Julianischer, gregorianischer und neo-julianischer Kalender
Das christliche Weihnachtsfest steht in der griechisch-orthodoxen Kirche bezüglich seiner Bedeutung an zweiter Stelle. Nach wie vor ist Ostern das wichtigste Fest. Die orthodoxen Kirchen feiern an unterschiedlichen Tagen das Weihnachtsfest. Die russisch-orthodoxe und die serbisch-orthodoxe Kirche haben den „alten“ julianischen Kalender beibehalten. Für sie ist der 25. Dezember am 07. Januar. Somit feiern sie Weihnachten 13 Tage später. Einige orthodoxe Kirchen haben wie die Mehrheit der christlichen Kirchen den „neuen“ gregorianischen Kalender übernommen und feiern Weihnachten zur gleichen Zeit wie die evangelischen und katholischen Kirchen.
Die griechisch-orthodoxe Kirche ist ein besonderer Fall: sie feiert seit 1924 die unbeweglichen Feste, wie Weihnachten, nach dem neo-julianischen Kalender, der bis zum Jahr 2799 dem gregorianischen entsprechen wird. Daher auch der Irrglaube, die griechisch-orthodoxe Kirche würde nach dem gregorianischen Kalender feiern. Die beweglichen Feste, wie Ostern, hingegen werden nach dem julianischen Kalender gefeiert, weshalb das Fest selten mit dem katholischen Osterfest zusammenfällt und mitunter um 1 bis fünf Wochen später stattfindet.
Alexia Passias ist freie Journalistin und lebt in Karlsruhe. Unter anderem arbeitet sie als Online-Redakteurin für evangelisch.de.