Iran droht dem Ausland - Proteste gehen weiter
Die Unruhen im Iran halten unvermindert an. Während das Mullah-Regime in Teheran weiter mit Härte gegen die Demonstranten vorgeht, wächst die internationale Sorge um die Stabilität in der Region.

Mit Härte im Inland und Drohungen gegen das Ausland versucht die Führung in Teheran, die Lage im Iran nach den jüngsten blutigen Protesten wieder unter Kontrolle zu bringen. Prominente Parlamentarier forderten am Dienstag die Todesstrafe für Demonstranten, die das schiitische Aschura-Fest am Wochenende mit Gewaltaktionen gestört hätten. Zugleich wurden im Iran neue Festnahmen bekannt, unter anderem wurde die Schwester von Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi verhaftet.

Im Ausland richtete sich der Zorn Teherans vor allem gegen Großbritannien, die USA und Israel. Präsident Mahmud Ahmadinedschad griff die USA und Israel scharf an. "Das ist ein von den USA und den Zionisten (Israel) inszeniertes Schauspiel, das wir zum Kotzen finden", sagte der Präsident in einer ersten Reaktion auf die jüngsten Proteste gegen ihn, bei denen am vergangenen Wochenende mindestens acht Menschen ums Leben gekommen waren. Gleichzeitig warf er den USA und Großbritannien vor, die Demonstranten zu unterstützen. Beide Länder würden das bereuen.

Todesstrafe für Demonstranten?

Irans Außenminister Manuchehr Mottaki warnte die Regierung in London, wenn sie weiter "Lügen" verbreite, werde Teheran eine harte Antwort geben. Der britische Botschafter sei ins Außenamt einbestellt worden, andere westliche Botschafter würden folgen, erklärte Mottakis Sprecher. Parlamentspräsident Ali Laridschani und andere Abgeordnete setzten sich für die härteste Bestrafung von Demonstranten ein, die das Aschura-Fest mit gewalttätigem Verhalten entweiht hätten. Parlamentsvize Mohammed Resa Bahonar kündigte an, die Abgeordneten würden binnen 24 Stunden die rechtlichen Möglichkeiten für die Todesstrafe schaffen.

Beobachter hatten ihrerseits erklärt, dass die Sicherheitsbehörden mit ihrem brutalen Eingreifen am Aschura-Tag viele Iraner entsetzt hätten. Der britische Außenminister Miliband hatte die Berichte über die blutigen Proteste beunruhigend genannt und den "Mut" der Demonstranten gewürdigt. US-Präsident Barack Obama hatte den Demonstranten seine Unterstützung zugesichert. Unschuldige iranische Bürger würden gewaltsam unterdrückt, sagte Obama am Montag. In zahlreichen europäischen Städten demonstrierten am Dienstag Exil-Iraner gegen das Vorgehen des Regimes in Teheran. Allein in Hamburg versammelten sich rund 250 Menschen.

Bundesregierung in Sorge

Auch die Bundesregierung verschärfte am Dienstag ihren Ton. Man sei in großer Sorge über die Entwicklung und verurteile das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), in Berlin. Nach Hoyers Worten wird Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen Partnern über mögliche gemeinsame Reaktionen beraten. Nationale Alleingänge solle es dabei nicht geben. Die Bundesregierung werde alle Kanäle nutzen, um der Führung in Teheran deutlich zu machen, "was wir von der Sache halten".

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi (62), die sich zurzeit in London aufhält, berichtete im Sender CNN, dass ihre Schwester in Teheran festgenommen worden sei. Mehrere Sicherheitsbeamte hätten das Haus, in dem sie auch normalerweise lebe, am Montagabend durchsucht, den Computer beschlagnahmt und ihre Schwester Nuschin abgeführt, berichtete die Menschenrechtsaktivistin. Nuschin sei Wissenschaftlerin, keine politische Aktivistin, deshalb sei das Ziel der Aktion offensichtlich gewesen sie einzuschüchtern, sagte Ebadi.

Bis zu 800 Festnahmen

Zuvor waren bis zu 800 Demonstranten in Teheran und anderen Städten festgenommen worden. Zudem waren mehrere Berater von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi verhaftet worden. Nach unbestätigten Berichten wollen Anhänger Ahmadinedschads vor dem Haus Mussawis demonstrieren, bis der Oppositionsführer ebenfalls verhaftet wird. Am Mittwochnachmittag wollen die Ahmadinedschad-Anhänger eine Kundgebung gegen die Opposition abhalten, hieß es.

Unter den am Wochenende getöteten war auch ein Neffe Mussawis. Nach einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» (Dienstag) wurde der 35-jährige Neffe Ali Mussawi gezielt getötet. Er sei von fünf Männern in einem Wagen verfolgt und dann von hinten erschossen worden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf den in Paris lebenden iranischen Filmregisseur Mohsen Mahmalbaf, der als Freund und Sprecher der Familie Mussawi gilt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird der Leichnam obduziert. Beobachter erwarten, dass die Opposition die Trauerfeier für den Mussawi-Neffen zu neuen Massenprotesten nutzt.

dpa