"Christen müssen mit einer Stimme sprechen"
Für einen grundlegenden Kurswechsel in der Ökumene hat sich die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Ellen Ueberschär, ausgesprochen. Die Christen könnten ihren Einfluss nur dann geltend machen, wenn sie mit einer Stimme sprächen.

Neun Jahre nach der Jahrtausendwende mache sich die Wahrnehmung breit, dass die Ökumene "eine lichte Vergangenheit hinter sich und eine trübe Zukunft vor sich habe", heißt es in einem Beitrag der Theologin für das evangelische Magazin "Zeitzeichen" (Januarausgabe). Der Mechanismus "Es ist schon viel erreicht, das berechtigt zur Hoffnung, dass noch mehr erreicht wird", springe nicht an, gibt Ueberschär zu bedenken. "Und das könnte daran liegen, dass das 21. Jahrhundert andere Themen vorgibt als das vorangegangene."

Das Christentum werde nur noch dann Relevanz haben, wenn die großen und kleinen christlichen Kirchen mit einer Stimme sprechen, so Ueberschär, die auch Co-Generalsekretärin des 2. Ökumenischen Kirchentages (ÖKT) in wenigen Monaten in München ist. Wenn aber die These stimme, dass das 21. Jahrhundert von der interreligiösen Frage geprägt sein werde, bleibe auch aus diesem Grund nicht mehr viel Zeit, die interkonfessionelle Frage zu lösen.

Probleme ausdiskutieren

Zudem werde es immer schwerer, Menschen einsichtig zu machen, dass die im 16. Jahrhundert entstandenen Probleme nicht einfach beiseite getan werden können, sondern ausdiskutiert werden müssen, schreibt die Theologin. Auch die weltweit rasch wachsenden Pfingstgemeinden und charismatische Gemeinschaften hätten wenig Verständnis für ökumenische Zusammenarbeit.

Auch an den Rändern der traditionellen Kirchen übten Bewegungen eine hohe Anziehungskraft aus, die eine soziale oder geistliche Ökumene jenseits der Klärung theologischer Probleme leben, so Ueberschär. "Sie warten nicht auf die theologische Ökumene." Die Gruppe von Christen wachse, denen nicht mehr einsichtig sei, welchen Wert die Themen und Ergebnisse ökumenischer Dialoge auf der theologischen Ebene haben.

Interreligiöse Verständigung

War der ökumenische Dialog das große kirchengeschichtliche Thema des 20. Jahrhunderts, so werde die interreligiöse Verständigung das Thema des 21. Jahrhunderts sein, bilanziert Ueberschär. Doch gehe es nicht nur um den Dialog mit dem Islam. In der Weltgesellschaft müsse vielmehr nach Regeln des Miteinanders aller Weltreligionen gesucht werden. "Aber der Dialog der Religionen führt ein Randdasein im Bewusstsein deutscher Kirchen und wird mit der traditionellen Ökumene nicht in Verbindung gebracht."

Zum ÖKT werden vom 12. bis 16. Mai 2010 weit über 100.000 Dauergäste in München erwartet. Veranstalter sind der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) sowie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Der nächste DEKT findet im Jahr 2011 in Dresden statt.

epd