China richtet Briten hin - London protestiert vergebens
Ein britischer Drogenschmuggler ist am Dienstag in China hingerichtet worden. Trotz der Gnadenappelle der britischen Regierung, seiner Familie und von Menschenrechtsgruppen wurde die Todesstrafe gegen Akmal Shaikh in der nordwestchinesischen Stadt Ürümqi vollstreckt, wie die britische Botschaft in Peking bestätigte. Der 53-Jährige ist der erste Europäer seit fünf Jahrzehnten, der in China hingerichtet wurde.

Seine Familie hatte argumentiert, er leide unter psychologischen Problemen und sei nur vermindert schuldfähig. Die britische Regierung verurteilte die Hinrichtung "aufs Schärfste". Er sei "entsetzt und enttäuscht", dass die wiederholten Gnadengesuche seiner Regierung nicht berücksichtigt worden seien, teilte Premierminister Gordon Brown am frühen Dienstagmorgen in London mit. Besonderes betroffen mache es ihn, dass man keine psychologischen Untersuchungen an dem zum Tode verurteilten 53- Jährigen vorgenommen habe. Brown sprach der Familie und den Freunden des Hingerichteten die tiefe Anteilnahme der Regierung aus. Auch Außenminister David Milliband verurteilte die Hinrichtung "in schärfster Form".

Brite mit Giftspritze hingerichtet

Nach Angaben seiner Familie war der Vater von fünf Kindern von einer Schmugglerbande reingelegt worden, als er unwissentlich einen Rauschgiftkoffer mitgenommen habe. Der gebürtige Pakistani war am 12. September 2007 mit 4.030 Gramm Heroin am Flughafen von Ürümqi, der Hauptstadt der Region Xinjiang, festgenommen worden. Die britische Regierung hatte in letzter Minute erneut vergeblich um Gnade gebeten. Es sei "in der heutigen Welt nicht angemessen, einen Mann mit einer Geisteskrankheit hinzurichten", hatte Außenstaatssekretär Ivan Lewis argumentiert.

Kurz vor der Hinrichtung hatte das Oberste Gericht in Peking das Urteil vom Oktober 2008 bestätigt. Der in China wegen Drogenschmuggels hingerichtete britische Staatsbürger Akmal Shaikh ist mit einer Giftspritze getötet worden. Das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstag und widersprach damit Informationen, wonach in der Region Xinjiang Hinrichtungen noch durch Genickschuss erfolgen. Nach Schätzungen werden jedes Jahr zwischen 5.000 und 7.000 Verurteilte in China hingerichtet - mehr als im Rest der Welt zusammen. Schon früher waren ausländische Drogenschmuggler asiatischer Herkunft wie etwa aus dem benachbarten Birma oder Taiwan in China hingerichtet worden.

Psychische Störung ignoriert

Das Oberste Gericht in Peking sprach von einem "äußerst schweren Verbrechen" und "einer großen Menge Rauschgift". "Die Beweise sind zuverlässig und die Fakten klar", zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua das Gericht. Schon früher hatte das chinesische Außenministerium darauf hingewiesen, dass Shaikh selbst bestritten habe, dass er oder seine Familie eine Geschichte psychologischer Probleme hätten. Auch habe die britische Botschaft keinen Beweis dafür vorgelegt.

Nach Angaben seiner Familie leidet Shaikh unter einer bipolaren Störung, einer manisch-depressiven Erkrankung. Sie hatte eine umfassende psychologische Untersuchung gefordert. Es müsse anerkannt werden, "dass er nicht so schuldfähig ist wie andere, für die nach chinesischem Gesetz die Todesstrafe infrage kommt". Nach Angaben der Londoner Gefangenenhilfsorganisation Reprieve hat Shaikh sein Leben lang "sprunghaftes und absonderliches Verhalten" gezeigt.

Shaikh erst 24 Stunden vor Hinrichtung informiert

Für das Schmuggelvorhaben hätten ihn Freunde in Polen mit dem Versprechen angelockt, ihm zu einer Karriere als Sänger in China zu verhelfen, berichtete die Organisation. Shaikh habe ein Lied über den Weltfrieden geschrieben. In einem Nachtclub in China habe er damit auftreten sollen. Aus Kirgistan sei er über Tadschikistan nach Nordwestchina geflogen. Kurz vor dem Abflug habe ein Mitglied der Schmuggelbande ihm mitgeteilt, es gebe nur noch einen Sitz auf der Maschine. Er komme mit dem nächsten Flug nach. Doch solle Shaikh schon mal den Koffer mitnehmen.

Nach britischen Medienberichten wurde Shaikh aus "humanitären Gründen", so die chinesische Begründung, erst 24 Stunden vorher von seiner Hinrichtung informiert. Seine Tochter Leilla Horsnell sagte der britischen BBC: "Ich denke, das ist gut, weil ich nicht einmal glaube, dass er es versteht, da wir nicht wissen, wie sich sein geistiger Zustand verschlechtert hat." Shaikh habe in seinen Einlassungen vor Gericht nicht mehr richtig sprechen können. Es habe nicht viel Sinn gemacht, was er gesagt habe. Zwei Vetter waren nach China gereist, um ihn vor der Hinrichtung zu sehen.

dpa