Psychologie: Wie Vorsätze Realität werden können
In der Küche der Studenten-Wohngemeinschaft eskaliert es: "Du hast wieder nicht abgespült", raunzt Isabell P. Mitbewohnerin Sabrina M. an. Die sonst immer ausgeglichene Isabell steht am Herd und wedelt aufgebracht mit dem Geschirrhandtuch. "Dafür hast du letzte Woche aber meine Milch ausgetrunken, ohne zu fragen", entgegnet Sabrina gereizt.
28.12.2009
Von Sarah Salin

"Das war aber nur einmal, und du hältst dich nie an unseren Haushaltsplan, wofür haben wir den eigentlich", schäumt Isabell. Jetzt ist Stille. Sabrina sitzt schuldbewusst auf ihrem Küchenstuhl: "Ich hatte wirklich den guten Vorsatz, nicht mehr zu streiten." Sich nur etwas vorzunehmen, reicht eben meist nicht aus. Doch es gibt einen Tipp, wie gute Vorsätze, auch die fürs neue Jahr, Realität werden können: Es sollten ganz konkrete "Wenn-Dann-Überlegungen" formuliert werden, erklärt Markus Denzler, der an der Technischen Universität Dortmund Psychologie lehrt: "Das belegen viele Studien."

"Wo Nähe ist, gibt es auch Konfliktpotential"

Sabrina hätte sich also ganz bewusst vorher vornehmen müssen: "Wenn es mal wieder Streit wegen des Haushalts gibt, dann weiß ich, dass ich wirklich ordentlicher werden muss, und Isabells Wut durchaus verständlich ist. Ich fühle mich dann nicht persönlich angegriffen."

Doch meist ist es nicht so leicht, Streit zu vermeiden. Zwar seien die Wenn-Dann-Szenarien gute deeskalierende Hilfsmittel, doch generell habe nun mal jeder Mensch Aggressionen, sagt Denzler: "Manche mehr und manche weniger. Der Umgang damit ist nie einfach."

Besonders, wenn es um die Beziehungen zu unseren Liebsten geht. Hier kommt es oft zu verletzendem Streit, vor allem rund um die Feiertage - obwohl doch eigentlich gerade ein liebevoller Umgang angebracht wäre. "Wo Nähe ist, gibt es auch Konfliktpotential", erklärt Psychologie-Professor Jan Hofer: "Denn der Umgang ist persönlich und emotional." Im Berufsleben gehe es viel rationaler und distanzierter zu.

Fähigkeit des Perspektivwechsels trainieren

Ein Klischee sei es allerdings, dass es gesetzmäßig zwischen Teenagern und ihren Eltern zu Streit komme, meint der Entwicklungspsychologe Hofer: "Neue Studien zeigen, dass der Abnabelungs-Prozess meist relativ ruhig verläuft". Zwar gebe es Themen wie Sexualität neu zu diskutieren und die Hormone machten auch manchen Jugendlichen mal unausstehlich. Eltern müssten wiederum lernen, Kontrolle aufzugeben und loszulassen. "Aber generell bleiben sie für ihre Kinder im Teenager-Alter noch die wichtigsten Bezugspersonen".

Psychologe Denzler rät, Aggressionen am besten in ihrem Ursprung zu erkennen und gar nicht erst groß wachsen zu lassen. Es sei gefährlich, bereits entstandene negative Emotionen zu unterdrücken: "Denn dann sind gewisse Strukturen im Gehirn permanent aktiviert und fördern aggressives Verhalten nur noch." Und eine einfache Regel ist nach Ansicht des Psychologen die beste: Konflikte entstehen oft gar nicht erst, wenn Verständnis für die Situation des Gegenübers entwickelt wird: "Es fehlt oft die Fähigkeit des Perspektivwechsels", weiß der Wissenschaftler.

epd