Skurriler könnte die Weiterentwicklung eines Erregers kaum sein: Forscher haben Tuberkulosebakterien entdeckt, für die ein Antibiotikum nicht schädlich ist, sondern eine Droge. Die Erreger blühten regelrecht auf, wenn der Wirkstoff Rifampicin verabreicht werde, berichten chinesische und US-Forscher im "International Journal of Tuberculosis and Lung Disease" (Bd. 14, S. 40). Welcher Zellmechanismus der Abhängigkeit zugrunde liegt, sei derzeit noch unklar.
Einen solchen Fall gab es noch nie
Das Team um Ying Zhang vom Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore hatte die "süchtigen" Bakterien bei einem Tuberkulose-Patienten in China entdeckt. Dem 35 Jahre alten Mann war es nach der Behandlung mit Rifampicin nicht besser, sondern immer schlechter gegangen. Erst die Verwendung eines Mittels ohne den Wirkstoff brachte Besserung. Im Labor kultiviert wuchsen die Bakterien fast gar nicht - bis der Nährlösung Rifampicin hinzugefügt wurde. Ein solcher Fall sei zuvor noch nie beschrieben worden, heißt es in einer Mitteilung der Johns Hopkins Bloomberg School. Mediziner müssten ihn künftig im Kopf haben, wenn sie Patienten behandeln, denen es bei Behandlung mit Rifampicin immer schlechter gehe.
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sterben jährlich mehr als eineinhalb Millionen Menschen an Tuberkulose. Erreger, die gegen mehrere Antibiotika immun sind, bereiten bei der Behandlung seit längerem und zunehmend Probleme. Derzeit sind die Bakterien bei fünf Prozent der Patienten unempfindlich gegenüber Rifampicin und Isoniazid, zwei der wichtigsten Wirkstoffe zur Behandlung der Krankheit. Ursache ist vor allem die mehrmonatige Dauer der Therapie: Viele Betroffene vor allem in ärmeren Ländern setzen die Medikamente zu früh ab, weil sie sich der Konsequenzen nicht bewusst sind oder sie die Mittel nicht mehr bezahlen können. Dann überleben die Bakterien die Therapie und können Resistenzen entwickeln.