Der Einsatz geht vor: US-General im Irak bestraft Schwangere
Der Krieg ist für einen US-Kommandeur im Irak die falsche Zeit zum Kinderkriegen: Heeres-Generalmajor Anthony Cucolo bestraft Schwangerschaften in seiner Truppe, theoretisch droht sogar das Kriegsgericht.
22.12.2009
Von Frank Brandmaier

Der Order vom November zufolge müssen nicht nur schwangere Soldatinnen mit Disziplinarmaßnahmen rechnen, sondern auch Soldaten, die das Kind zeugten. Sieben Militärangehörige wurden aufgrund des Befehls bereits abgestraft, berichtete die US- Armeezeitung "Stars and Stripes" am Dienstag - vier Frauen und drei Männer. Alle erhielten zunächst einen schriftlichen Tadel.

"Ich brauche jeden Soldaten, den ich habe", teilte Cucolo, der 22 000 Mann im Nordirak befehligt, darunter 1700 Frauen, dem US- Sender ABC mit. "Jeder, der den Kampf vor der erwarteten Stationierungsdauer von zwölf Monaten verlässt, belastet seine Kameraden." Der Armeezeitung sagte er aber auch: "Ich kann Ihnen nicht sagen, wie wertvoll weibliche Soldaten sind", betonte Cucolo. "Sie fliegen Hubschrauber, sie steuern Satelliten, sie sind Mechaniker. Einige meiner besten Geheimdienst-Analysten sind Frauen. Wenn man sie verliert, schädigt man wirklich die Einheit."

"Wahrscheinlich legal"

Ein Sprecher des Heeres sagte ABCNews.com, Cucolo habe wie jeder andere US-Kommandeur das Recht, nach eigenem ermessen Regeln aufzustellen und durchzusetzen. "Unter seinem Kommando ist das seine Sache", betonte Oberstleutnant Nathan Banks. Auch der zivile Militäranwalt Wayne Kastel hält den Schritt für zulässig. "Damit soll den Leuten wohl kräftig Angst gemacht werden", sagte er. "Ich finde es nicht gut, aber ich würde sagen, es ist wahrscheinlich legal."

Um ein Sex-Verbot geht es dabei nicht, obwohl die Armee "Fraternisierung" zwischen Vorgesetzten und Untergebenen untersagt. Den Medienberichten zufolge gibt es keine entsprechenden Vorschriften über intime Kontakte zwischen Mitgliedern desselben Ranges.

Nach Kastels Worten könnte ein Verstoß gegen die Anordnung von einem Militärgericht als Verletzung eines allgemeinen Befehls gewertet und mit ein bis zwei Jahren Haft geahndet werden. Allerdings hält er es für unwahrscheinlich, dass das Heer einen angehenden Vater oder eine werdende Mutter so lange hinter Gittern lässt. Kommandeur Cucolo sagte zu "Stars and Stripes", er wolle Verstöße gegen seine Order auf niedrigerer disziplinarischer Ebene behandeln.

Mission an erste Stelle setzen

Der Militäranwalt äußerte aber auch Verständnis für den Schritt des Kommandeurs. Er habe Berichte gehört, wonach weibliche Soldaten absichtlich schwanger wurden, nur um nach Hause geschickt zu werden, was in solchen Fällen auch umgehend geschehe. Dies erkläre ihm, weshalb Cucolo den Befehl erlassen habe, so Kastel.

Nach den Worten des Kommandeurs wurden in der Tat mehrere Soldatinnen schwanger, bevor sie die Reise in den Irak antragen. Er habe seine Order mit seinen Befehlshabern diskutiert - darunter auch eine Bataillonskommandeurin. Und alle hätten sie die Maßnahme "aus vollem Herzen" unterstützt, sagte Cucolo. Seine Botschaft an die Frauen in seiner Truppe sei klar: "Denkt nach, bevor ihr handelt."

"Jeder, der diesen Kampf wegen einer persönlichen Entscheidung, die den medizinischen Status ändert, vorzeitig verlässt - oder dazu beiträgt -, hält sich nicht an ein Schlüsselelement unseres Ethos': "Ich werde die Mission immer an erste Stelle setzen"", schrieb der Generalmajor in seiner Stellungnahme an den Sender weiter. "Und ich denke, dass es negative Konsequenzen für diejenigen geben sollte, die eine solche persönliche Entscheidung treffen", so Cucolo.

US-Frauenrechtlerinnen laufen Sturm gegen die Order: "Wie kann eine Regierung es wagen, Frauen wegen Schwangerschaft zu bestrafen", sagte die Präsidentin der National Organization for Women, Terry O'Neill, zu ABC. "Das ist doch nicht das 19. Jahrhundert." Ihre Organisation wolle sich beim Weißen Haus und beim Pentagon dafür einsetzen, dass der Befehl zurückgezogen werde.

"Stars and Stripes" zufolge ist Cucolos Kommando das einzige im Irak, das Schwangerschaften unter Strafe stellt. Auch in Afghanistan ist ein Verbot wie dieses unbekannt, schreibt die Armeezeitung.

dpa