"Meine Heimat Afrika", Dienstag, 22. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten
Es seien "die Augen ihrer Ahnen", sagt ein alter Afrikaner über die namibischen Turmaline, und natürlich ist der Fundort der bunten Kristalle daher ein heiliger Ort. Aber das kapiert der weiße Geschäftemacher Ron Lehndorf (Michael Roll) einfach nicht. Er will das Land rund um eine frühere Diamantenmine kaufen, um darauf einen Erlebnispark zu errichten. Das ist zwar absurd, weil sich in das gottverlassene Kaff ohnehin keine Touristen verirren, doch die Ignoranz gegenüber den Traditionen der Eingeborenen ist Voraussetzung für einen der beiden zentralen Konflikte dieser Geschichte. Es ist der reizvollere Teil, denn er bietet Einblicke in eine ebenso exotische wie faszinierende Kultur.
Der andere ist deutlich ärmer an Überraschungen, zumal er von Christine Neubauer dominiert wird, und die kann vor allem deshalb nahtlos von einer Rolle in die nächste schlüpfen, weil sie das eigene Spiel dabei überhaupt nicht variiert (Regie diesmal: Erhard Riedlsperger). Trotzdem ist auch diese Ebene des Drehbuchs (Susanne Beck, Thomas Eifeler) nicht uninteressant: Jahrzehnte nach ihrem Umzug von Namibia nach Deutschland erfährt Lehrerin Hanna, dass ihr Vater keineswegs, wie die Mutter immer behauptet hat, vor langer Zeit gestorben ist. Er hat im Gegenteil immer wieder versucht, Kontakt mit Hanna aufzunehmen, doch ihre Mutter hat das konsequent unterbunden.
Nun ist der Vater tatsächlich tot, Hanna kommt zu spät zur Beerdigung und erfährt außerdem zu ihrer Verblüffung, dass sie eine jüngere Schwester (Dennenesch Zoudé) hat. Sumah freut sich über Papas Erbe, ein großzügiges Grundstück, weil sie mit dem Verkaufserlös endlich aus ihrem öden Alltag ausbrechen kann. Zu Suhmas Leidwesen will Hanna das Land behalten, schließlich steht dort ihr Elternhaus. Gatte Andreas (Bernhard Schir) hat ebenfalls kein Verständnis für Hannas Entschluss; allerdings hütet er auch ein Geheimnis, dessen Enthüllung das Ende der Ehe bedeuten könnte.
In der Regel gibt es zwei Gründe, warum deutsche Produzenten im Ausland drehen: Meistens ist es billiger, und die fremdartigen Landschaften bieten einen zusätzlichen optischen Reiz. Von letzterem kann in diesem Fall keine Rede sein: Die Gegend, durch die Christine Neubauer unverdrossen stapft, ist ein unwirtlich staubiger, ständig stürmischer Winkel Afrikas. Tatsächlich muss der Drehort diesmal auch nicht durch irgendwelche Alibis legitimiert werden: Die Geschichte ist durchaus glaubhaft. Dass das Land bis zum Ersten Weltkrieg deutsche Kolonie war ("Deutsch Südwest"), ist allerdings keine hinreichende Erklärung für das fließende Deutsch, dass die Eingeborenen beherrschen. Andererseits lernt man auf diese Weise vom weisen Moses (Chris April), dass in Afrika "nicht alles schwarz oder weiß ist, es ist viel komplizierter". Und dann gibt es noch den offenbar obligaten Anschlussfehler: In der Nahaufnahme unterschreibt Zoudé einen Vertrag mit der rechten Hand, in der Totalen hat sie den Stift in der linken.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).