Iran: Tausende nutzen Trauerfeier für Demonstration
Die iranische Opposition formiert sich wieder. Tausende nutzten die Trauerfeier für Großajatollah Hussein Ali Montaseri in der heiligen Stadt Ghom, um gegen den erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu protestieren. Erneut bot das Regime zahlreiche Polizisten auf, um Zusammenstöße zwischen Anhängern der Opposition und des Präsidenten zu verhindern.
21.12.2009
Von Farshid Motahari

Das staatliche Fernsehen meldete, die Montaseri-Familie wolle keine Proteste bei der Trauerfeier. "Wer es glaubt, wird selig", konterte ein Mitglied der Montaseris. "Der Ajatollah war einer der heftigsten Kritiker der Ahmadinedschad-Regierung, und das hört mit seinem Tod nicht auf."

Auch zwei Schlüsselfiguren der Opposition, der frühere Ministerpräsident Mir Hussein Mussawi und Ex-Parlamentspräsident Mehdi Karrubi, zeigten Präsenz in Ghom. Dabei war das Verhältnis mit Montaseri, der am Sonntag im Alter von 87 Jahren gestorben war, nicht immer ungetrübt. Die Meinungsverschiedenheiten Montaseris mit Revolutionsführer Großajatollah Khomeini kurz vor dessen Tod im Juni 1989 stießen auf Kritik - auch bei den jetzigen Oppositionsführern. Alle standen damals auf der Seite Khomeinis.

Berichterstattung eingeschränkt

"Die Vergangenheit ist vergessen", sagt ein Mitglied der Oppositionsbewegung Mussawis. "Heute geht es darum, jede Gelegenheit zu nutzen, um gegen Ahmadinedschad zu protestieren."

Die Opposition hatte auf mehreren Websites zur Teilnahme an der Trauerfeier aufgerufen. Schon auf der Fahrt nach Ghom wurden offenbar Demonstranten gestoppt. Oppositionelle berichteten, mindestens ein Bus mit Trauergästen sei auf der Fahrt angehalten worden. Die Berichterstattung ausländischer Medien wurde eingeschränkt.

Dennoch: "Es war schwierig für Regierung und Polizei, Menschen in einem islamischen Land daran zu hindern, an der Beerdigung eines Großajatollahs teilzunehmen", sagte ein iranischer Journalist. Die Sicherheitskräfte wurden nach Angaben von Beobachtern in Alarmbereitschaft versetzt. Dennoch konnten sie nicht verhindern, dass Slogans wie "Tod dem Diktator" gegen Ahmadinedschad erschallten.

"Der Feind meines Feindes ist mein Freund"

Für die Mussawi-"Grünen" - Grün steht für Protest und Wandel - sei weder die Person noch die Ideologie Montaseris von Bedeutung, sagen Beobachter. Es sei zweitrangig, dass Montaseri auch die Ideologie eines Gottesstaates und die des Islamismus befürwortet hat, wogegen die "Grünen" protestieren. "Die Devise bei den 'Grünen' lautet: Der Feind meines Feindes ist mein Freund", sagt ein Politologe in Teheran.

Die Proteste in Ghom sollen nicht die letzten in diesem Jahr sein. Am Wochenende betrauern die Schiiten im Iran den Tod ihres dritten Imams Hussein. An zwei Nächten - Tassua (Samstag) und Aschura (Sonntag) - strömen Hunderttausende auf die Straßen Teherans und in den Provinzen. "Eine erneute Herausforderung für die Regierung, denn auch diesen Anlass werden die Oppositionsanhänger und besonders die 'Grünen' nicht auslassen", kündigte ein Reformaktivist in Teheran an.

dpa