Jahr der Krise: Medienbranche sucht neue Geschäftsmodelle
Wie nicht anders zu erwarten bestimmte 2009 die Krise die Stimmung in der Medienbranche: Die privaten Fernsehveranstalter büßten rund elf Prozent ihre Umsätze ein, die privaten Radiosender neun Prozent. Die Zeitungen verzeichneten in den ersten neun Monaten des Jahres knapp ein Prozent weniger Anzeigen als im Vorjahreszeitraum, die Zeitschriften brachen um 14 Prozent ein.
21.12.2009
Von Diemut Roether

Doch die Krise der Medienbranche, so war auf den Medienkongressen im Lande immer wieder zu hören, ist nicht etwa nur eine Folge der wirtschaftlichen Krise, sie ist auch eine Strukturkrise: Die Medienlandschaft ist durch Internet und digitale Medien im Umbruch - und die Medienunternehmen suchen verunsichert nach Germany's next Top-Geschäftsmodell.

Gespart wurde allerorten: Der WAZ-Konzern legte Redaktionen zusammen, im Verlagshaus M. DuMont Schauberg arbeiten "Frankfurter Rundschau", "Berliner Zeitung" und "Kölner Stadt-Anzeiger" so eng zusammen, dass manche Ressorts alle drei Blätter bestücken, selbst der Hamburger Großverlag Gruner + Jahr strich 350 Stellen. Als kürzlich der Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1, Thomas Ebeling, laut darüber nachdachte, ob sein Konzern nicht auf den Nachrichtensender N24 verzichten könnte, weil Nachrichten bei Privatsendern zwar "für das Image bei Politikern wichtig" seien, "aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern", rief das besorgte Politiker auf den Plan, die die Privatsender an ihren medienpolitischen Auftrag erinnerten.

Welche Funktion haben Massenmedien in einer Demokratie?

Auch die Landesmedienanstalten, die die Privatsender beaufsichtigen, äußerten sich besorgt: Die Gesellschaft müsse sich darüber verständigen, welche Funktion die Massenmedien in einer Demokratie erfüllen. Und der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, Mathias Döpfner, schrieb seinen Verlegerkollegen ins Stammbuch: Wer der Krise "mit ein bisschen weniger oder schlechterem Journalismus" zu begegnen versuche, sei "auf dem Holzweg". Als Antwort auf die Frage nach den neuen Geschäftsmodellen verlangen die Springer-Angebote "Hamburger Abendblatt" und "Berliner Morgenpost" im Internet neuerdings Geld für die Nutzung regionaler Berichte. Die Branche wird gespannt beobachten, ob sich das Modell durchsetzt.

Die öffentlich-rechtlichen Sender waren da fein raus, könnte man meinen: Die Rundfunkgebühr stieg Anfang des Jahres um 95 Cent auf 17,98 Euro im Monat. Doch vor allem dem ZDF machte die Debatte um die Verlängerung des Vertrags von Chefredakteur Nikolaus Brender zu schaffen. Die öffentliche Diskussion, die sich fast das ganze Jahr lang hinzog, schadete nach Meinung vieler Beobachter der Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Systems. Bereits im Februar hatte sich ZDF-Intendant Markus Schächter darauf festgelegt, dass er den Vertrag mit Nikolaus Brender verlängern wollte. Doch aus dem Verwaltungsrat des Senders, der dieser Personalie zustimmen musste, kamen deutliche Signale, dass das Gremium einen anderen Chefredakteur wolle. Wortführer war der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der Brender vorwarf, er sei für einen angeblichen Quotenschwund bei den Informationssendungen des ZDF verantwortlich.

Der Drei-Stufen-Test von ARD und ZDF

Ende November kam es endlich zum Showdown im Verwaltungsrat: Wie erwartet lehnte das Gremium den Personalvorschlag des Intendanten ab. Zuvor hatten namhafte Verfassungsrechtler und Journalisten an das Gremium appelliert, die Staatsfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu respektieren. Inzwischen steht zwar fest, dass Peter Frey Brender im April nächsten Jahres beerben wird, doch dem Sender steht dennoch ein unruhiges Jahr bevor: Die Grünen im Bundestag haben bereits angekündigt, dass sie die Zusammensetzung der ZDF-Gremien vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen wollen. Der Verfassungsrechtler Dieter Dörr bereitet zurzeit einen entsprechenden Normenkontrollantrag vor. Der Antrag muss von einem Viertel der Bundestagsabgeordneten angenommen werden.

Zu den Worten des Jahres gehörte für die Medienjournalisten in diesem Jahr auch der Begriff Drei-Stufen-Test: In einem aufwendigen bürokratischen Verfahren prüfen zurzeit die Gremien von ARD und ZDF, ob die Internetangebote der Sender den Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechen, ob sie qualitativ zum publizistischen Wettbewerb beitragen und welcher finanzielle Aufwand erforderlich ist. Noch sind die Tests nicht abgeschlossen, doch die Privatsender und Verleger beobachten argwöhnisch, ob ihnen hier nicht Konkurrenz heranwächst, die sie in der ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Lage zusätzlich unter Druck setzt.

epd