Stierkampf: Katalonien will blutiger Tradition ein Ende setzen
Erfolg für den Tierschutz in Katalonien: Das Regionalparlament hat ein Bürgerbegehren akzeptiert, der blutigen Tradition des Stierkampfs ein Ende zu setzen. Ein Gesetz steht allerdings noch aus. Katalonien wäre dann die zweite spanische Region, in der Stierkämpfe verboten würden.

Katalonien hat einen ersten Schritt zu einem Verbot von Stierkämpfen in der Region im Nordosten Spaniens getan. Das Regionalparlament in Barcelona stimmte am Freitag mit 67 zu 59 Stimmen bei drei Enthaltungen für die Annahme eines Volksbegehren zur Untersagung von Stierkämpfen.

Katalonien wäre nach den Kanarischen Inseln die zweite Region in Spanien, in der Stierkämpfe verboten würden. Die Kanaren hatten Stierkämpfe bereits 1991 für illegal erklärt. Damit das Verbot auch in Katalonien, mit 7,4 Millionen Einwohnern der wirtschaftsstärksten Region des Landes, wirksam werden kann, muss das Gesuch nun noch von den Ausschüssen des Parlaments in einen Gesetzestext umgewandelt und den Abgeordneten erneut zur Abstimmung vorgelegt werden.

"Die Stiere haben keine Chance"

Das Volksbegehren war von einer Bürgerinitiative eingeleitet worden, die 180.000 Unterschriften gesammelt hatte. "Die Stierkämpfe passen nicht mehr zur Moral des 21. Jahrhunderts", sagte die Sprecherin der Initiative, Anna Molà, im Parlament. "Die Stiere haben keine Chance und können sich nicht wehren. Daher haftet den Kämpfen auch etwas von Feigheit an." Die Anhänger der "Fiesta" betonten demgegenüber, ein Verbot wäre ein "Angriff auf die Freiheit". Niemand sei gezwungen, sich Stierkämpfe anzusehen.

Bei der Abstimmung votierten die kleineren Linksparteien für ein Verbot, die Konservativen dagegen. Die großen Parteien der katalanischen Nationalisten (CiU) und der Sozialisten (PSC) hatten ihren Parlamentariern bei der Entscheidung freie Hand gelassen. Das geplante Verbot soll nicht für die umstrittene Tradition der "correbous" gelten. Dabei handelt es sich um Stiertreiben, die auf Volksfesten in bestimmten katalanischen Gemeinden stattfinden und bei denen Stiere auf verschiedene Weise gepiesackt werden.

Der Stierkampf hat in Katalonien in den vergangenen Jahrzehnten stark an Bedeutung verloren. In der ganzen Region gibt es nur noch eine Arena in Barcelona, in der regelmäßig Kämpfe stattfinden. Mehr als 80 Gemeinden in der Region hatten sich bereits symbolisch zu "Anti-Stierkampf-Städten" erklärt. Städte wie Gerona, Figueras oder Lloret de Mar ließen ihre Arenen schon vor Jahren abreißen, weil die Kämpfe nicht mehr genügend Zuschauer anlockten. Ein Teil der Katalanen lehnt den Stierkampf auch deshalb ab, weil er darin ein Symbol des "spanischen Imperialismus" sieht.

Kommunen müssen zahlen

Nicht nur in Katalonien, auch in anderen Landesteilen lässt die Lust am Stierkampf nach. Die jungen Leute feiern keine Toreros mehr als Idole, sondern Popstars oder Fußballer. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2006 wollen 81 Prozent der Spanier unter 34 Jahren vom Stierkampf nichts wissen. So laufen die "Corridas" Gefahr, zu einem "Rentnervergnügen" zu werden: In den Arenen ist der Anteil älterer Männer unter den Zuschauern auffallend hoch. Zudem müssen die Kommunen zahlen, denn die Kosten der Kämpfe werden etwa zu einem Drittel von ihnen subventioniert.

Eine andere gängige Meinung dagegen lautet, dass die Stierkampf-Branche ihr Dahinsiechen auch selbst zu verantworten hat. Schon seit Jahren beklagen die Puristen, dass die Zucht die Tiere verdorben habe. Auf Wunsch der Toreros liefern die Züchter solche Tiere, die auf das Publikum einen mächtigen Eindruck machen, sich aber kaum auf den Beinen halten und den Stierkämpfern kaum gefährlich werden können.

"Der moderne Kampfstier ist die eigentliche Ursache des Skandals", meint der Experte Antonio Lorca von der Zeitung "El País". "Aus dem einst wilden und mächtigen Tier ist eine moribunde und formlose Masse geworden. Da kann es niemanden überraschen, dass die Fans wegbleiben. Die Leute haben von Betrug und Langeweile in den Arenen genug."

Spektakel geht auf die Mauren zurück

Neben Spanien ist der Stierkampf vor allem noch in Portugal und Südfrankreich sowie in Mittel- und Südamerika beliebt. Die spanische Form ("corrida de toros") endet mit dem Tod des Tieres in der Arena, in Portugal stirbt das Tier nach der "Tourada" im Schlachthaus. In Südfrankreich gibt es den unblutigen "Prix de la cocarde", bei dem die Kämpfer dem Stier Papierblumen zu entreißen versuchen, die er zwischen den Hörnern trägt.

Unblutige Stierkämpfe gab es schon im antiken Kreta, auch in Rom waren sie ein beliebtes Spektakel. In der heutigen Form entwickelte sich der Schaukampf aber auf der Iberischen Halbinsel. Die Mauren aus Nordafrika, die Andalusien im achten Jahrhundert erobert hatten, machten aus dem von den Westgoten praktizierten Kampf eine an Festtagen abgehaltene ritualisierte Aufführung, bei der Reiter gegen Stiere kämpften und sie töteten. Im Mittelalter war der Stierkampf zu Pferde ein beliebter Sport der Aristokratie. Die moderne Corrida entwickelte sich im 18. Jahrhundert.

Der Kampf beginnt mit einem feierlichen Einzug der Toreros und ihrer Helfer in die Arena. Zunächst wird der Stier mit einem roten Mantel gereizt und durch die Kampfbahn gejagt. Im Lanzenkampf versucht der berittene Picador dem Stier Lanzenstiche zwischen den Schulterblättern beizubringen. Dann stoßen drei Banderilleros mit Widerhaken und Bändern versehene Spieße in den Nacken des Stiers. Zuletzt tötet der Matador das Tier mit einem gezielten Degenstoß zwischen die Schulterblätter.

dpa