Bischöfe: Wirtschaft stärker an Werten und Tugenden ausrichten
Kurskorrekturen, bevor die Erinnerung an die Finanzkrise verblasst: Die katholischen Bischöfte werben in einem neuen Papier für eine menschengemäße Wirtschaftsordnung.

Die Bereitschaft zu Kurskorrekturen scheine zu schwinden, warnt die katholische Deutsche Bischofskonferenz in der Stellungnahme, die am Donnerstag in München vorgestellt wurde. Die Politik wird ermahnt, bei der Überwindung der Krise den Menschen keine unrealistischen Versprechungen zu machen, die weiter die Schuldenlast erhöhten. Markt- und Staatsversagen werden als Krisenursachen genannt.

Finanzkrise als Teil einer Orientierungskrise

In dem Text mit dem Titel "Auf dem Weg aus der Krise - Beobachtungen und Orientierungen" bekennen sich die Bischöfe zum Konzept der Sozialen Marktwirtschaft, empfehlen aber eine stärkere Ausrichtung an Werten und Tugenden. Die Krise müsse als Wendepunkt gesehen werden und Konsequenzen haben. Die Finanz- und Wirtschaftskrise sei auch Teil einer Orientierungskrise, die aus dem Übergewicht von privater Nutzen- und Gewinnmaximierung herrühre, schreibt Erzbischof Reinhard Marx (München) im Vorwort. Marx leitet die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Bischofskonferenz, die den Text vorbereitet hat.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte im Juli in dem Wort "Wie ein Riss in einer hohen Mauer" (auch als pdf verfügbar) als eine Lehre aus der Krise eine Stärkung der Gemeinwohlorientierung gefordert.

"Das Verhältnis von Eigeninteresse und Gemeinwohl ist aus dem Gleichgewicht geraten", heißt es nun in der Stellungnahme der katholischen Bischöfe. Soziale Marktwirtschaft lebe von Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren könne. Für die Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft reichten Änderungen am Ordnungsrahmen nicht aus. Ebenso wichtig sei eine Debatte über Werte und Tugenden, die der Gesellschaft und Wirtschaft Orientierung geben.

Fehlanreize

Im Hinblick auf die Krisenbewältigung warnen die Bischöfe, dass dabei ergriffene Maßnahmen zu Fehlanreizen und langfristigen Problemen führten. Die hohe Liquidität an den Finanzmärkten und die Senkung der Leitzinsen sorgten für große Risiken und könnten zu einem Inflationsschub oder einer neuen Preisblase führen. Das Haftungsprinzip sei übermäßig eingeschränkt, wird kritisiert: "Wer Gewinnchancen hat, muss auch für anfallende Verluste geradestehen." Weiter wird vor politischem Aktionismus und Protektionismus gewarnt. Von der Politik wird Ehrlichkeit verlangt. Die Belastungen sollten offen eingestanden und möglichst gerecht verteilt werden, heißt es.

Zur Sicherung der Arbeitsplätze empfiehlt das Bischofs-Wort ein qualitatives Wachstum, das wirtschaftliche Zuwächse von steigendem Umweltverbrauch abkoppele und die Klimafolgen berücksichtige: "Wachstum, Ökologie und bessere Beschäftigungsperspektiven müssen Hand in Hand gehen." Auch die Entwicklungsländer würden in den Strudel der Krise hineingezogen, heißt es in der Stellungnahme. Um Schaden von den Ärmsten abzuwenden, müsse nachhaltiges Wachstum initiiert werden: "Eine solche Entwicklung ist durch mehr Fairness im Welthandel, ein stabileres Weltwährungssystem und entwicklungspolitische Zusammenarbeit zu fördern."
 

epd