"Der Begriff dieser Futterkrippe hat sich auf die gesamte Darstellung übertragen", erklärt Thomas Ostendorf, Leiter des Krippenmuseums im westfälischen Telgte, wo das ganze Jahr über rund 1.000 Krippen zu sehen sind. Der Legende nach soll die echte Futterkrippe aus Bethlehem im Jahr 360 nach Italien gebracht worden sein. Ihre vermeintlichen Reste sind in der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom ausgestellt.
Italien war schon früh eines der Zentren der Krippenkunst. In Neapel gilt noch heute die Via San Gregorio Armeno als "Straße der Krippenbauer". Die filigranen Arbeiten der Holzschnitzer sind legendär. Längst stellen sie nicht nur die typischen Krippenfiguren her, sondern auch Menschen aus dem Alltag wie eine Spaghetti-Köchin oder aber berühmte Schauspieler, Sportler und Politiker, die neben Hirten und den heiligen drei Königen an der Krippe stehen.
Portugiesische Jesuiten haben die Idee der Krippenfiguren dann in alle Welt verbreitet, erzählt Thomas Ostendorf. "Sie haben Mitte des 16. Jahrhunderts für die Menschen, die nicht lesen konnten, die Feiertage mit Figuren veranschaulicht". Die erste Krippe im heutigen Sinn jenseits der Alpen wurde 1586 in Prag aufgestellt.
Als Anschauungsmittel spielte die Weihnachtskrippe bei der Missionsarbeit der Jesuiten eine wichtige Rolle, erklärt Ostendorf. Mit dem Ergebnis, dass die Weihnachtskrippe heute auf der ganzen Welt in den verschiedensten Ausführungen zu Hause ist: Mal aus Ebenholz geschnitzt wie vorzugsweise in Afrika, aus Ton wie beispielsweise in Guatemala oder ganz aus Holz wie im Erzgebirge.
Immer spiegeln die Krippen auch Kultur und Zeitgeist ihrer Hersteller wider. So tauchen Maria und Josef in allen Hautfarben und mit den unterschiedlichsten Kleidern auf. Mal leben sie in Lehmhütten, dann in Höhlen oder auch in Palästen. Für die Kinder gibt es Krippen mit Playmobil-Figuren.
Im Unterschied zu früheren Zeiten ist der Heiligenschein rund um die Krippenfiguren selten geworden, und es stehen auch kaum noch Engel neben dem Stall. "Das wäre vor 50 Jahren nicht möglich gewesen", sagt Ostendorf.
Das Verbot stärkte die Tradition der Hauskrippe
Dennoch scheinen Weihnachtskrippen eine zeitlose Faszination auszuüben. Daran hat auch ein Krippenverbot nichts geändert, das Bischöfe und Landesherren zu Beginn des 19. Jahrhunderts vielerorts erließen. So hieß es in der "höchstlandesherrlichen Verordnung" des kurfürstlichen Generalkommissariats Würzburg vom 4. November 1803: Die "sinnliche Darstellung gewisser Religionsbegebenheiten" sei nur solange nützlich gewesen, wie "das Volk noch auf einer so niedrigen Stufe der Cultur und Aufklärung stand, dass man leichter durch Versinnlichung wirken und dem Gedächtnis nachhelfen konnte".
Die Figuren verschwanden daraufhin aus vielen Kirchen. Aber es bildete sich eine umso stärkere Tradition der Hauskrippe heraus, die vor allem im süddeutschen Raum von Krippenbauvereinen getragen wurde. Ab 1825 wurden die Krippenverbote dann nach und nach wieder aufgehoben.
Hanna Kreisel-Liebermann kann die Beliebtheit der Krippen gut verstehen. Sie ist Pastorin der evangelischen Marktkirche in Hannover, in der seit vielen Jahren zur Adventszeit eine Krippenausstellung gezeigt wird. "Die Krippe versinnbildlicht den Archetypus der Geburt", sagt sie. Und sie vermittele "Gefühle der Geborgenheit trotz misslicher Verhältnisse". "Und genau das", weiß die Pastorin, "rührt die Menschen an". Für viele ist denn auch erst dann Heiliger Abend, wenn sie die Christkind-Figur in die Futterkrippe gelegt haben.