Die Zuwanderung sei anerkanntermaßen notwendig - deswegen sei es notwendig, verbreitete Vorbehalte zu überwinden und den Zuwanderern bessere Integrationsangebote zu machen, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
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Befürwortet werden eine Neuregelung des Bleiberechts, ein Stopp von sogenannten Kettenduldungen, die Beseitigung von Nachteilen für Zuwanderer sowie eine Vereinheitlichung des Asylrechts in der Europäischen Union. Der EKD-Text "... denn ihr seid selbst Fremde gewesen - Vielfalt anerkennen und gestalten" (Download als pdf) ist das Ergebnis von mehrjährigen Beratungen eines EKD-Gremiums unter Vorsitz des westfälischen Präses Alfred Buß.
Biblische Perspektive auf Fremde wahrnehmen
Das Schicksal der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer, die schwierige Situation von Ausländern ohne Aufenthaltspapiere oder der Frauenhandel mahnten dazu, die biblische Perspektive auf Fremde wahrzunehmen, schreibt die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann im Vorwort. Kirchengemeinden und evangelische Christen sollten damit ermutigt werden, sich in dieser biblischen Tradition konstruktiv und kritisch in die Debatte über Einwanderung einzumischen.
Kirchengemeinden, diakonischen Diensten und Bildungseinrichtungen wird in dem Papier empfohlen, Menschen mit Migrationshintergrund in der Praxis stärker einzubeziehen. Christen nichtdeutscher Herkunft sollten bei Stellenbesetzungen und in Gremien mehr berücksichtigt werden. Gerade evangelische Kindertagesstätten seien Orte "gelebter Vielfalt". Mit dem Theologen und Wirtschaftswissenschaftler Fidon Mwombeki (49) aus Tansania hatte die EKD kürzlich erstmals einen Afrikaner in ihr Leitungsgremium, den Rat der EKD, gewählt (siehe Der neue Rat der EKD in Wort und Bild).
"Islam als Teil unseres Landes respektieren"
Die Zuwanderung habe die kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt in Deutschland verstärkt, heißt es in dem Text. Vor diesem Hintergrund wird dafür geworben, den Islam als "Teil unseres Landes" respektieren. Pauschalurteilen gegen Muslime müsse entgegengetreten und Konflikte müssten sachlich erörtert werden.
Unter Hinweis auf sinkende Zahlen bei Einbürgerungen empfiehlt die EKD eine Korrektur im Staatsangehörigkeitsrecht: "Mehrfachstaatsangehörigkeit sollte vermehrt akzeptiert werden." Länder und Kommunen müssten auf höhere Einbürgerungszahlen hinwirken und dafür werben.
Für den Nachzug von Familienangehörigen von Zuwanderern sollten Hürden abgebaut werden, empfiehlt der EKD-Text. Das Hinauszögern des Zusammenlebens von Familien könne sich hinderlich auf die Integration auswirken, wird argumentiert. Damit wendet sich die Kirche gegen die Pflicht zum Nachweis von Deutschkenntnissen vor der Einreise von Ehepartnern nach Deutschland.
Kritik an Integrationsplan der Bundesregierung
In Deutschland geduldete Ausländer sollten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wird von der Expertenkommission angeregt. Dazu sollte die Stichtagsregelung für die Einreise gestrichen werden. Auf europäischer Ebene tritt die EKD dafür ein, Unterschiede bei der Anerkennung von Flüchtlingen zu beseitigen. Die Vereinheitlichung der Asylsysteme der EU-Staaten dürfe nicht zulasten von Schutzsuchenden gehen. Unterstützt werden auch Pläne für eine Neuansiedlung von Flüchtlingen in EU-Ländern nach Vorbild der Irak-Flüchtlinge.
Im Integrationsplan der Bundesregierung fehlt der EKD zufolge die Perspektive der rechtlichen Gleichstellung von Ausländern. Das Ausländerrecht sei unter Sicherheitsaspekten zu stark an der Abwehr von Zuwanderung ausgerichtet, wird kritisiert. In den Bereichen Bildung, Arbeit und soziale Sicherung müssten Nachteile für Ausländer beseitigt werden.