Minister bereiten Endspurt beim Klimagipfel vor - Neue Demo
In Kopenhagen bereiten die Umweltminister aus 192 Staaten am heutigen Mittwoch die Schlussphase des UN-Klimagipfels vor. Vor dem Eintreffen der Staats- und Regierungschefs will die dänische Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard dazu neue Entwürfe für das angestrebte Klimaschutzabkommen vorlegen. Auch auf die dänischen Sicherheitskräfte kommt erneut Arbeit zu: Am Vormittag wollen mehrere tausend Demonstranten den Konferenzort stürmen.

Der Chef einer Hauptarbeitsgruppe auf dem Klimagipfel, Michael Zammit Cutajar, legte am Dienstag eine neue Fassung seines Vertragsentwurfs vor. Darin wird eine Reduzierung der Treibhausgase empfohlen, doch enthält sie im eigentlichen Text keine Reduktionszahlen für Industrie- oder Entwicklungsländer mehr - nicht einmal eine Spannweite. Es wird lediglich auf einen früheren Entwurf verwiesen. Auch bei den geplanten Finanzhilfen für Entwicklungsländer wurden sämtliche Zahlen gestrichen.

Über Videokonferenzen und in Telefongesprächen begannen sich die Staats- und Regierungschefs am Dienstag bereits abzustimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel konferierte mit US-Präsident Barack Obama, dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister Gordon Brown per Videoschaltung.

"Vorbeugende" Festnahmen

Bei der feierlichen Eröffnung der offiziellen Ministerrunde am Dienstag in Anwesenheit des britischen Thronfolgers Prinz Charles hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärt: "Unsere Zukunft beginnt hier in Kopenhagen. Wir können nicht ein weiteres Jahr überlegen. Natur verhandelt nicht".

Die dänische Polizei bereitet sich unterdessen auf eine neue Machtprobe mit den Demonstranten vor. Tausende Demonstranten wollen an diesem Mittwoch die Barrikaden vor dem Kongresszentrum stürmen. In den vergangenen Tagen war die Polizei mit äußerster Härte gegen die Demonstranten vorgegangen und hatte über 1.500 von ihnen festgenommen, darunter auch mehr als 300 Deutsche. Am Dienstag nahm die Polizei "vorbeugend" einen deutschen Sprecher der Organisatoren fest.

Auch Clinton zum Klimagipfel

Die USA bieten zum Endspurt des Kopenhagener Klimagipfels neben Präsident Barack Obama auch Außenministerin Hillary Clinton auf. Wie dänische Medien am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreise berichteten, hat Washington die Ankunft Clintons für Donnerstag angekündigt. Obama selbst kommt einen Tag später zum Gipfel-Abschluss.

Der britische Premierminister Gordon Brown ist neben 13 weiteren Staatsspitzen bereits am Dienstag angereist. Nach Angaben des Rundfunksenders BBC führt Brown hinter den Kulissen Sondierungsgespräche, um die massiven Bedenken afrikanischer Staaten gegen die bisherigen Vorschläge der dänischen Konferenzleitung auszuräumen. Für Mittwoch werden 60 weitere Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen erwartet. Bundeskanzlerin Angela Merkel fliegt Donnerstag zum Gipfeltreffen.

Wirtschaft warnt vor einseitigem Klimaabkommen

Angesichts der stockenden Gespräche beim UN-Gipfel in Kopenhagen warnt die deutsche Wirtschaft die Bundesregierung vor einseitigen Zugeständnissen beim Klimaschutz. Ein neues globales Abkommen müsse alle Verursacher von CO2-Emissionen und alle Industriesektoren gleichermaßen in die Pflicht nehmen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, dem "Handelsblatt" (Mittwoch). Wirksamer Klimaschutz sei nur möglich, wenn alle großen Volkswirtschaften an einem Strang zögen, sagte er und forderte von der Politik mutige Schritte in Richtung eines globalen Emissionshandels. Anderenfalls könnten Unternehmen in Deutschland ernsthaft in Gefahr geraten.

Der Industrieverband erwartet Probleme, wenn sich Deutschland und die Europäische Union zu strengen Klimaschutzzielen verpflichten, die USA und China aber nur schwache Zusagen machen. Das Angebot der USA beinhaltet im Moment lediglich Kohlendioxidreduktionen von 17 Prozent bis 2020 gegenüber 2005. Gemessen am Jahr 1990, das die Europäer als Maßstab anlegen, entspricht dies Reduktionen von weniger als vier Prozent. Die Europäer bieten 20 Prozent im Vergleich zu 1990 an, im Falle eines verbindlichen Klimaabkommens sogar 30 Prozent.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte die EU vor überzogenen Zusagen und Alleingängen auf dem Kopenhagener Gipfel. Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch), eine einseitige Verpflichtung auf die Reduktion des klimaschädlichen Kohlendioxid um 30 Prozent bis 2020 würde erhebliche Zusatzkosten bedeuten. Dies würde die Wettbewerbsposition international tätiger Unternehmen massiv schwächen. "Erderwärmung ist global, deshalb macht letztlich nur eine Verpflichtung aller wichtigen Emittenten weltweit auf verbindliche Klimaschutzziele Sinn", sagte Wansleben. Schon die bisher angepeilte 20-Prozent- Reduktion bei Treibhausgasemissionen sei ambitioniert, aber bei gemeinsamen Anstrengungen der EU erreichbar.

Klimaabkommen: Hoffen auf den Durchbruch

Nach neun Tagen auf Delegationsebene hatten am Dienstag die Umweltminister mit ihren eigentlichen Verhandlungen begonnen. Sie bereiten die Grundlage für die Staats- und Regierungschefs vor, die am Freitag den Durchbruch für ein globales Klimaabkommen schaffen sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt auf eine Einigung, um die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen.

dpa