Sein Leben passt in einen Koffer, einen kleinen Rucksack und ein paar Plastiktüten. Wenige Habseligkeiten verglichen mit dem, was Menschen mit festem Wohnsitz haben. Aber viele, wenn man sie tagsüber mit sich herumschleppen muss. "Himmel, es war ein irres Gefühl, als ich das Zeug zum ersten Mal loswerden konnte. Ich habe mich ganz leicht gefühlt", erinnert sich Jean-Luc.
Hilfe bei der Arbeits- und Wohnungsuche
"Wer Gepäck und einen Schlafsack dabei hat, wird sofort als Obdachloser stigmatisiert", sagt Philippe, ein älterer Mann, dessen freundliches Lächeln eine breite Zahnlücke enthüllt. "Man kann nirgendwo reingehen, um sich aufzuwärmen, nicht mal zu McDonald's", sagt er. "Es ist beschwerlich, immer alles bei sich zu tragen." Eine Arbeit zu finden, sei so gut wie unmöglich, wenn man keinen Platz für seine Sachen habe. Bevor es die Gepäckaufbewahrung "Hände frei" gab, habe er mit Kumpels organisiert, gegenseitig auf die Sachen aufzupassen. Aber dabei sei immer wieder etwas gestohlen worden. "Man schläft nachts nicht gut, wenn man immer Angst um seine Sachen hat", ergänzt Philippe.
Die Gepäckaufbewahrung bietet 50 Fächer, die in erster Linie für Obdachlose aus dem Stadtviertel gedacht sind. "Wir wollen den Menschen ihre Mobilität wiedergeben", sagt Elisabeth Bourguinat, die Leiterin. Viele kämen zweimal täglich. "Morgens geben sie ihren Schlafsack ab, abends ihre Wertsachen", sagt sie. In einem kleinen Nebenraum können sie in aller Ruhe umpacken und sich umziehen. Seit der Öffnung 2007 haben etwa 100 Obdachlose die Fächer genutzt. Eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht. "Wenn sie ihr Gepäck nur für eine Weile loswerden könnten, wäre es keine Hilfe", sagt Bourguinat. Die Fluktuation sei gering und es gebe immer wieder Erfolgsgeschichten: Mehr als 30 Obdachlose hätten eine Arbeit oder eine feste Unterkunft gefunden.
"Ein wenig menschliche Wärme" bewirkt viel
Pascal ist einer von ihnen. Der 39-Jährige hat vor eineinhalb Jahren seinen Job und seine Wohnung verloren. Seitdem übernachtet er auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle. Dank der Gepäckaufbewahrung konnte er Gelegenheitsjobs annehmen. "Wenn alles gutgeht, unterschreibe ich morgen einen Arbeitsvertrag", erzählt er und strahlt dabei. "Dann kann ich mir vielleicht auch irgendwann wieder eine Wohnung leisten."
Die Gepäckaufbewahrung, die täglich von 7 bis 9 Uhr und von 20 bis 22 Uhr geöffnet ist, kommt mit einem winzigen Budget aus. Den Raum hat die Stadt zur Verfügung gestellt. Hin und wieder gibt es Spenden. Den Dienst übernehmen Freiwillige, unter ihnen auch Obdachlose, die das Angebot selbst nutzen. Wenn sie ihr Gepäck abgegeben haben, bleiben sie meist noch eine Weile, um sich aufzuwärmen, einen Kaffee zu trinken und etwas zu essen. Die Stimmung ist freundlich, es wird gescherzt. "Wir sind keine Sozialarbeiter, wir bieten lediglich einen konkreten Service und ein bisschen menschliche Wärme", sagt Bourguinat. Das allein bewirkt eine Menge.