Alle zahlen: EU beschließt 7,2 Milliarden Klima-Soforthilfe
Signal an die Kopenhagener Klimakonferenz: Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich geeinigt, in den kommenden drei Jahren 7,2 Milliarden Euro Klima-Hilfen an ärmere Länder zu zahlen. Deutschland übernimmt davon 420 Millionen pro Jahr. Unterdessen wurde bei dem Gipfel erstmals ein offizieller Textentwurf für das geplante Klimaabkommen vorgelegt.

Nach zähen Verhandlungen einigten sich die EU-Staaten, den Entwicklungsländern zwischen 2010 und 2012 jährlich 2,4 Milliarden Euro für den Kampf gegen den Klimawandel zur Verfügung zu stellen. Alle 27 EU-Mitgliedsstaaten beteiligen sich an den Hilfen, wenn auch in unterschiedlicher Höhe. Die Beiträge sind freiwillig.

Mit ihrem Angebot will die EU neuen Schwung in die festgefahrenen UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen bringen. Dort wurde die Nachricht aus Brüssel positiv aufgenommen: Die dänische Präsidentin der Kopenhagener Klimakonferenz, Connie Hedegaard, erwartet, dass andere Industriestaaten dem EU-Beispiel folgen und in den kommenden Tagen eigene Finanzzusagen auf den Tisch legen. Hedegaard sagte, den Entwicklungsländern werde mit der EU-Zusage gezeigt, dass reiche Nationen die feste Absicht hätten, Kopenhagen zu einem Erfolg zu führen. Auch der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, sprach von einem Schub für die Verhandlungen über Finanzfragen.

Längerfristige Unterstützung nicht im Detail geklärt

Die UN-Konferenz bereitet ein neues globales Klimaschutzprotokoll vor. Die EU hofft darauf, dass sich ihr eigenes Paket und die Beiträge anderer Industrieländer auf jährlich sieben Milliarden Euro summieren. Allerdings handelt es sich bei diesen Geldern nur um eine Anschubfinanzierung, bis im Jahr 2013 ein neues Weltklimaabkommen in Kraft treten kann. Mit den Milliarden sollen in den Entwicklungsländern beispielsweise Deiche zum Schutz gegen Überschwemmungen gebaut werden. Der langfristige Finanzbedarf in den Entwicklungsländern liegt nach Schätzungen der EU-Kommission bei 100 Milliarden Euro pro Jahr.

Über die längerfristige Unterstützung sprachen die EU-Regierungen auf ihrem zweitägigen Brüsseler Gipfel nicht im Detail. Sie gilt als eines der Schlüsselelemente für das Zustandekommen einer neuen globalen Übereinkunft. "Das wird noch eine turbulente Woche", sagte Merkel mit Blick auf die Kopenhagener Konferenz, die am kommenden Freitag endet. Der Verhandlungsprozess sei "extrem kompliziert".

Klimahilfe als Teil der Entwicklungshilfe oder zusätzlich?

Die deutschen Klimahilfen werden nach den Worten von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) zusätzlich zu den Geldern für die globale Armutsbekämpfung fließen. Der Beitrag solle aber auf die Entwicklungshilfequote angerechnet werden, bekräftigte der Minister in Berlin.

Auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der in Kopenhagen eintraf, sprach von neuen Finanzmitteln, die an die Entwicklungsländer fließen sollen. Die Gelder würden aber zu dem Ziel beitragen, die deutsche Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen. Das hatte in der vergangenen Woche auch der Bundestag beschlossen.

Der Geschäftsführer der Organisation Germanwatch, Christoph Bals, sprach in Kopenhagen von einem "Skandal". Damit werde Geld, das bereits zum Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele versprochen worden sei, umgewidmet.

Die EU erneuerte auch ihr Versprechen, ihre Kohlendioxid-Emissionen um 30 Prozent bis 2020 zu senken, sofern andere Industrieländer mitziehen. Andernfalls will sie bei einem Reduktionsziel von 20 Prozent bleiben. Die Angebote anderer Länder reichten im Moment noch nicht aus, betonte Merkel. "Es geht um einen gemeinsamen Erfolg."

Kopenhagen: Läuft es auf zwei Abkommen hinaus?

Derweil zeichnet sich in Kopenhagen ab, dass im Kampf gegen die Erderwärmung zwei internationale Abkommen geschlossen werden könnten. Zum einen soll das Kyoto-Protokoll fortgeschrieben, zum anderen ein Extra-Vertrag für die USA sowie die Schwellen- und Entwicklungsländer ausgehandelt werden. Für diese Lösung spreche sich die große Mehrheit der UN-Staaten aus, sagte der UN-Klimachef de Boer.

Eine Arbeitsgruppe, in der die USA sowie Schwellen- und Entwicklungsländer verhandeln, erarbeitete einen Vertragsentwurf, den die "Washington Post" auf ihre Internetseite stellte. Feste Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen sind darin noch nicht genannt, sondern zunächst nur Korridore: So sollen unter anderem die weltweiten Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts zwischen 50 und 95 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken, die der Industriestaaten um 75 bis 95 Prozent. Schwellenländer sollen ihren CO2-Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu den für dieses Jahr prognostizierten Zahlen um 15 bis 30 Prozent drücken.

Die EU kritisierte, dass die Verhandlungen über diesen Entwurf noch nicht weit genug vorangeschritten seien. "Wir sehen nicht, wie mit diesem Texte die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius beschränkt werden kann", sagte der schwedische EU-Verhandlungsführer Anders Turesson.
 

epd/dpa