Gospel, Dates und Väterchen Frost: Weihnachten in aller Welt
In Ghana wird lautstark gefeiert, und selbst im buddhistischen Japan sind an Heiligabend die Kirchen voll: Weihnachten ist ein Fest für den ganzen Globus, über Kulturen und Religionen hinweg.
10.12.2009
Von Hedwig Gafga

Ghana: Trommeln, tanzen und Fufu

"Kommt zusammen, esst, trinkt und feiert! Schließlich habt ihr allen Grund dazu", so erklärt Pfarrer Alex Afram von der African Christian Church, worauf es bei einer ghanaischen Weihnacht ankommt. Sehr laut wird es am Heiligen Abend. Bei 30 Grad Hitze ziehen Musikanten durch die Straßen, es tönt Gospelmusik aus dem Lautsprecher, die Bars und Läden sind voll. In manchen Gegenden ziehen die Kinder von Haus zu Haus, singen Weihnachtslieder und bekommen dafür Süßigkeiten.

Der 25. Dezember ist ein Familientag. An diesem Tag gehen die christlichen Familien, zu denen mehr als 60 Prozent der Ghanaer gehören, in die Kirche. "Wir singen fröhliche, rhythmische Lieder", meint der Pastor, "0 happy day" oder "Christmas joy" und afrikanische Lieder in Zwi, einer der am meisten verbreiteten Sprachen Ghanas. Dazu werde getrommelt, Gitarre und Keyboard gespielt und getanzt. Trommeln in der Kirche, das sei in der Kolonialzeit verboten gewesen. "Erst später haben wir gelernt, dass sich alle Instrumente dazu eignen, Gott zu preisen."

Zu Hause schmücken die Ghanaer ihren eigenen Weihnachtsbaum, eine kleine Palme. Die Frauen kochen ein Festessen: Fufu, ein Brei aus Maniok, Kochbananen und Yams, ersatzweise auch aus Kartoffelmehl. Aus dem Brei formt man mit der rechten Hand kleine Klößchen, die in eine Suppe getunkt und gegessen werden.

Der 26. Dezember wird in Ghana "Boxing day" genannt. Die Leute besuchen Verwandte, Freunde und Nachbarn und laden sie wiederum zu sich ein. "Man isst, trinkt und ist glücklich", sagt der Pastor, und zwar so lange, bis es knallt. Es geht nun mal nicht ohne Krach und Gerangel am Boxing day. Der Name kommt eigentlich aus England, wo die Herrschaften ihren Hausangestellten an diesem Tag in einer Box kleine Geschenke überreichten. In der ghanaischen Weihnacht stünde das Wort eher für Ausgelassenheit und Freude bis hin zum Ausflippen, meint Alex Afram.

Kalifornien: Ein Glas Milch für Santa Claus

In Kalifornien mischen sich die weihnachtlichen Traditionen von christlichen Einwanderern aus Europa, Lateinamerika und Asien. Aber die Fixsterne der amerikanischen Weihnacht bleiben bestehen. So beginnt die Vorweihnachtszeit mit Thanksgiving, dem Erntedankfest, das mit einem Truthahnessen der ganzen Familie unterm festlich geschmückten Weihnachtsbaum begangen wird. Der Weihnachtsbaum bleibt den ganzen Advent über im Haus und wird schon unmittelbar nach dem Fest hinausbefördert. Im Advent wetteifern die Nachbarn mit mannshohen, erleuchteten Weihnachtsmännern, Märchenfiguren und bunten Lichterketten um die originellste Dekoration.

In den Schulen ist von der Weihnachtszeit wenig zu spüren, denn sie sollen religiös streng neutral sein. Also gibt es keinen Weihnachtsbaum und keine Weihnachtsgeschichten, und viele Lehrer wünschen den Kindern "happy holidays" statt "happy christmas". Zu Hause beginnt die Weihnachtsbäckerei. Christmas Cookies, mit Ingwer oder Zuckerstreuseln verziert, schmecken auch bei mildem Wetter. Manche Gemeinden proben mit den Kindern ein Theaterstück oder Krippenspiel ein, das bereits im Advent vorgeführt wird.

Still verläuft der Heilig Abend. Aber bei den Kindern kommt Spannung auf: In dieser Nacht wird Santa Claus durch den Schornstein hereinrauschen und die Geschenke ablegen. Vor dem Zubettgehen stellen die Kinder dem Santa Claus ein Glas Milch und Kekse zur Stärkung hin, dazu noch Karotten für die Rentiere, die seinen Schlitten ziehen. Die Geschenkpäckchen stecken in christmas stockings - Strümpfen, die extra zu Weihnachten herausgeholt werden.

Höhepunkt des Festes ist der Christmas day, der 25. Dezember. Am Morgen werden die Geschenke ausgepackt, später gibt es ein Festessen. Auf den Tisch kommen gebackener Schinken, Truthahn und Früchtekuchen oder mexikanische Tamales, mit Fleisch oder Huhn gefüllte, in Maisblätter gewickelte Teigtaschen. Der nächste Tag, der 26. Dezember, ist in den USA kein Feiertag mehr.

Russland: Neujahrsgeschenke unterm Tannenbaum

Zwischen dem 31. Dezember und dem 13. Januar wird in Russland dauernd gefeiert. Alltag kehrt erst danach wieder ein. Und mittendrin, am 7. Januar, ist Weihnachten. Das Fest wird zwei Wochen später gefeiert als in den westlichen Ländern, weil die orthodoxe Kirche dem alten julianischen Kalender folgt. Die Weihnachtsbräuche ähneln den unseren. Aber da die Kommunistische Partei das christliche Fest einst mit aller Macht abschaffen und die dazu gehörigen Sitten vereinnahmen wollte, findet in Russland manches an Neujahr statt, was wir mit Weihnachten verbinden.

So jagt Väterchen Frost mit Pelzmütze und langem blauem Mantel nicht an Weihnachten, sondern am Silvesterabend heran und legt, unterstützt von seiner Enkelin Snegurotschka (Schneeflöckchen), heimlich die Geschenke ab. Väterchen Frost und Snegurotschka sind bloß Erfindungen der Kommunisten, schimpfen manche Priester. Aber die märchenhaften Gestalten kommen trotzdem. An Silvester und Neujahr ist es in Russland fast so wie bei uns an Weihnachten. Die Zeit gehört der Familie, der Tannenbaum ist festlich geschmückt, und unterm Weihnachtsbaum liegen die Neujahrsgeschenke. Die Kinder packen sie am Morgen aus.

Orthodoxe Christen bereiten sich mit einer sechswöchigen Fastenzeit auf das Fest der Geburt Christi vor. In dieser Zeit sollen keine tierischen Produkte auf den Tisch kommen, statt Butter gibt es Margarine, statt Fleisch Gemüse und Kartoffeln. Auch Heiligabend ist nach alter christlicher Tradition ein Fastentag, zu dem in manchen Häusern die Kutja, das traditionelle Fastengericht aus Weizenkörnern, Wallnüssen, Honig und gemahlenem Mohn, gehört.

Die Christen feiern am Heiligen Abend einen mehrstündigen festlichen Gottesdienst. Am ersten Weihnachtstag trifft man sich mit Freunden zum Festessen. Dazu gehören Sülze und Braten, Gans oder Ente, Buchweizenpfannkuchen mit Marmelade, Wein und Wodka, und die Kinder bekommen noch mal kleine Geschenke. Schließlich gibt es am 13. Januar noch etwas zu feiern: das alte Neujahr, die Nacht, in der man vor der Revolution ins neue Jahr hineinging.
 

Japan: Ein Date für Heiligabend

Eigentlich hat Weihnachten im japanischen Kalender keinen richtigen Platz. Schließlich sind die meisten Japaner Buddhisten und Shintoisten, oft beides zugleich, und nur eine Minderheit von etwa 1,5 Prozent sind Christen. Trotzdem mögen viele junge Japaner die Weihnachtssitten. "Die ganze Innenstadt von Nagoya ist festlich beleuchtet, in den Kaufhäusern werden schon seit November Weihnachtslieder gespielt, und es gibt sogar Christstollen", berichtet ein Freund aus der japanischen Handelsstadt. In den Medien wird sogar die Frage aufgeworfen, ob der 24. Dezember in Japan ein Feiertag werden soll. Aber dagegen erheben sich viele Stimmen. Wichtigstes Argument: Staat und Religionen sollen getrennt bleiben.

Indes hat sich besonders der Heilige Abend in Japan auf eigene Art etabliert, er ist ein Dating- und Ausgehabend für Paare geworden. Junge Japaner beschenken einander bei dieser Gelegenheit gerne mit Schmuck, und die teuren Restaurants sind lange vorher ausgebucht. Wer gerade keinen Partner zum Ausgehen hat, organisiert eine Party oder bleibt bei den Eltern. In einigen Familien bekommen die Kinder kleine Geschenke. Erstaunlicherweise drängeln sich an Heiligabend die Menschen auch in Japan in den Kirchen, auch Andersgläubige mögen die christlichen Weihnachtsfeiern.