Friedensnobelpreisträger Obama: "Krieg ist manchmal notwendig"
Der neue Friedensnobelpreisträger Barack Obama hält Kriege für unvermeidlich. "Krieg ist manchmal notwendig", sagte er bei der Verleihung des Preises am Donnerstag in Oslo.

"Wir müssen die harte Wahrheit anerkennen, dass wir während unseres Lebens gewaltsame Konflikte nicht ausmerzen werden", meinte der US-Präsident in seiner Dankesrede. Obama würdigte zwar gewaltlose Aktionen wie die von Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. "Aber als Staatsoberhaupt, das geschworen hat, meine Nation zu schützen und zu verteidigen, kann ich mich nicht nur von deren Beispiel leiten lassen." Obama nutze weite Passagen seiner Rede, um Kritik an seiner Afghanistan-Politik grundsätzlich zu begegnen. "Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht gestoppt und Verhandlungen werden die Anführer von El-Kaida nicht überzeugen, die Waffen niederzulegen."

[linkbox:nid=7964,4287,4326,4260;title=Mehr zu Afghanistan und Obamas Nobelpreis]

Die Vergabe des Preises an den US-Präsidenten, der gerade zusätzliche 30.000 Soldaten in den Afghanistan-Krieg schickt, war in den USA und international auch auf Kritik gestoßen. Das Nobelkomitee hatte die mit umgerechnet knapp einer Million Euro dotierte Auszeichnung für den US-Präsidenten mit dessen "außergewöhnlichem Einsatz zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern" begründet. Hervorgehoben wurde insbesondere Obamas Vision einer Welt ohne Atomwaffen.

Prominente unterstützen Vision einer atomwaffenfreien Welt

Zur Unterstützung dieser Initiative des US-Präsidenten riefen unterdessen rund 60 prominente Vertreter von Friedens- und Menschenrechtsorganisationen sowie der Kirchen auf. "Auch 20 Jahre nach dem Mauerfall leben noch viele weiter in der Welt des Kalten Krieges", heißt es in einer Erklärung vom Donnerstag. Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehören der Berliner Molekularbiologe Jens Reich, der frühere Präsident des Weltkirchenrates, Konrad Raiser, und die Vorsitzende der Aktion Sühnezeichen, Ruth Misselwitz.

Weitere Unterstützer der Initiative für eine atomwaffenfreie Welt sind der Sprecher der Nationalen Armutskonferenz, Wolfgang Gern, der ehemalige Amnesty-Generalsekretär Volkmar Deile, der frühere Generalsekretär von Pax Christi, Joachim Garstecki, sowie der Magdeburger Altbischof Christoph Demke und der frühere Erfurter Propst Heino Falcke. In ihrer Erklärung betonen die Unterzeichner, dass die im April von Obama verkündete Initiative eine echte Chance habe. "Wir wollen nicht, dass sie achtlos und ungenutzt verfällt." Darum seien ganz konkrete Schritte zur Beseitigung der Atomwaffen erforderlich.

"Obama hat das Komitee perfekt verstanden"

Während der feierlichen Zeremonie im Rathaus von Oslo, an der auch Norwegens König Harald V. und Königin Sonja teilnahmen, verteidigte das Nobel-Komitee noch einmal die Auszeichnung für den US-Präsidenten, der in Afghanistan und im Irak Krieg führt. Der Vorsitzende des Komitees, Thorbjörn Jagland, sagte, Obama selbst habe den Preis als einen "Aufruf zum Handeln" bezeichnet. "Präsident Obama hat das norwegische Nobel-Komitee perfekt verstanden", sagte Jagland. Vom ersten Augenblick seiner Präsidentschaft an habe Obama versucht, ein kooperativeres Klima zu schaffen und die "Temperatur in der Welt zu senken". "Obama ist ein politischer Führer, der weiß, dass selbst die Mächtigsten verletzbar sind, wenn sie allein stehen."

[linkbox:nid=8159,4269;title=Die anderen Nobelpreise ]

Vor der Preisvergabe hatte Obama die Auszeichnung mitdem Friedensnobelpreis als Ansporn und Ermutigung bezeichnet. "Vielleicht verdienen ihn andere mehr", sagte er unmittelbar vor der Zeremonie. Als vorrangige Ziele nannte Obama eine Welt frei von Atomwaffen, effektive Maßnahmen gegen den Klimawandel, die Stabilisierung Afghanistans und den Kampf gegen den internationalen Terrorismus "im Einklang mit unseren Werten und Idealen". Einige Initiativen würden bereits Früchte tragen. "Aber wenn ich keinen Erfolg habe, kann dies kein Preis der Welt verschleiern."

Mehrere hundert Demonstranten und Mitglieder von Friedensinitiativen demonstrierten während der Zeremonie in der Nähe des Rathauses von Oslo. Zusammen mit seiner Frau Michelle und mehreren hundert Mitarbeitern, Journalisten und Sicherheitskräften war Obama am Vormittag in Oslo eingetroffen. Wegen schlechten Wetters konnten die US-Gäste nicht mit dem Hubschrauber in die Innenstadt fliegen und mussten eine Autokolonne benutzen.

Kein Mittagessen mit dem König

Schon bei der Bekanntgabe des Preisträgers am 9. Oktober war in den USA und international kritisiert worden, dass Obama während seiner bisher nicht einmal einjährigen Amtszeit noch wenig Konkretes erreicht habe. Der gut 24-stündige Kurzbesuch Obamas in Oslo stößt aber nicht nur wegen der Entscheidung für eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes auf Kritik. In der norwegischen Öffentlichkeit wird es auch als unhöflich angesehen, dass Obama das traditionelle Mittagessen des Nobelpreisträgers mit dem König abgesagt hat. Der Präsident wolle sich auch in Oslo seinen Regierungsgeschäften widmen, hieß es aus dem Weißen Haus.

Der Besuch wird von massiven Sicherheitsmaßnahmen begleitet, wie sie Norwegen so noch nicht erlebt hat. Über 2.000 Polizisten sind im Einsatz, dazu 200 US-Spezialagenten. Scharfschützen bewachen die Innenstadt Oslos, Hubschrauber sichern den Luftraum. Am Vortag waren zwei Verdächtige wegen illegalen Schusswaffenbesitzes festgenommen worden.

Obama fliegt nur für die Nobelpreis-Zeremonie nach Oslo und kehrt am Freitag bereits wieder nach Washington zurück. Ein ursprünglich vorgesehener Auftritt beim Weltklimagipfel in Kopenhagen wurde gestrichen. Obama wird nun erst zur Endphase der Klimakonferenz am 18. Dezember nach Kopenhagen reisen.

dpa/epd