"Wenn wir uns begegnen", Montag, 14. Dezember, 20.15 Uhr, SWR
Der Weihnachtsmann muss es ja wissen. Jeder lebt sein eigenes Leben, sagt er, aber alles hängt miteinander zusammen. Die Erkenntnis ist gewissermaßen die Gebrauchanweisung für diesen Film. Selbst wenn man gewisse Zweifel an der Professionalität des Weihnachtsmanns (Michael Gwisdek) haben kann, weil er zur Bescherungszeit längst nicht mehr nüchtern ist: Das Drehbuch (Martin Kluger und Maureen Herzfeld) dieses sehenswerten Weihnachtsfilm beweist, wie recht er hat. Geschickt lässt die Geschichte die Lebenswege ihrer Figuren immer wieder kreuzen. Auf wundersame Weise münden sie schließlich samt und sonders in die Notaufnahme eines Krankenhauses, wo sich alles zum Guten wendet und selbst die Mühseligen und Beladenen ihre Lebensfreude wiederfinden.
Routinier Sigi Rothemund, Regisseur der Donna-Leon-Verfilmungen, gibt diesem Film mit Hilfe seines Stammkameramannes Dragan Rogulj eine Wärme, die natürlich mitunter an Kitsch grenzt, diese Grenze jedoch nie überschreitet. Sentimentalität aber darf sein, und davon gibt es reichlich, denn eigentlich sind die handelnden Figuren ausnahmslos unglücklich, auch wenn sie tapfer versuchen, dies zu verbergen. Chefarzt Max Singer (Uwe Kockisch) zum Beispiel hat vor Jahren seine Frau verloren. Er selbst versuchte vergeblich, ihren Hirntumor zu entfernen; seither operiert er nicht mehr.
Kleine Psychodramen inklusive
Seine beste Ärztin (Muriel Baumeister) ist unglücklich verheiratet: Ihr Mann Thomas (Stephan Kampwirth) sehnt sich nach Kindern; sie kann ihm diesen Wunsch nicht erfüllen. Thomas wiederum hat ein Verhältnis mit einer Künstlerin (Esther Zimmering), die ausgerechnet an Heiligabend alle Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft fahren lässt und versucht, sich das Leben zu nehmen. Und dann sind da noch ein Pfarrer (Michael Lott), der ein pikantes Geheimnis hütet, eine einsame ältere Frau (Rosemarie Fendel), die aller Welt und vor allem sich selbst den Weihnachtsbesuch ihrer Tochter aus Montevideo vorgaukelt, und ein Psychologe (Anian Zollner), der die Notaufnahme verstärkt, weil sich an Weihnachten immer wieder die gleichen "Psychodramolettchen" abspielen - dabei hat er selbst eins.
Natürlich sind einige Entwicklungen vorhersehbar. Wenn ein Junge plötzlich über rasende Kopfschmerzen klagt, stellt der kundige Zuchauer sogleich die richtige Diagnose: Hirntumor! Und ebenso sicher weiß man, wer das Kind am Schluss retten wird. Auf der anderen Seite sind die vielen Geschichten mit großer Zuneigung zu ihren Figuren erzählt, zumal alle am Ende ihren Platz im Leben finden. Ein richtig schöner, zu Herzen gehender Weihnachtsfilm.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).