Kopten: Die christlichen Nachfolger der Pharaonen
Ägypten ist ein muslimisches Land mit einer starken christlichen Minderheit. Die koptischen Christen, die einen eigenen Papst haben, führen ihre Ursprünge auf den Evangelisten Markus zurück. Rund 6.000 von ihnen leben in Deutschland. Ein Besuch bei der Gemeinde Sankt Mina in München.
09.12.2009
Von Bettina Scriba

Es riecht nach Weihrauch. Schelle und Triangel erklingen. Deutsche, arabische und koptische Worte dringen durch das Kirchenschiff. Links sitzen die Männer, rechts die Frauen. Hinter den Sitzreihen tragen Mütter ihre Babies auf dem Arm, kleine Kinder laufen herum. Es ist viel los bei den Kopten in Sankt Mina in München. Die Kopten sind die Christen Ägyptens. Sie bilden eine sogenannte altorientalische Kirche. Die Altorientalen trennten sich im 5. Jahrhundert von der Mutterkirche. Heute findet man sie unter anderem auch in Äthiopien, Armenien und Syrien.

Seit 1996 nutzt die koptisch-orthodoxe Gemeinde in München die Kirche Sankt Mina als Pfarrkirche. Jeden zweiten und vierten Sonntag im Monat wird hier Gottesdienst gefeiert. Dieser dauert zwei bis drei Stunden. Im Jahr 2000 wurde das 1851 erbaute und auch als Loretokirche bekannte Gotteshaus in eine koptische Kirche umgestaltet. Ein Taufbecken und die Ikonostase wurden eingebaut. Die Ikonostase ist eine Trennwand zwischen Kirchenschiff und Altarraum. Sie ist typisch für Ostkirchen. 75 Familien mit jeweils drei bis vier Personen gehören zur koptischen Gemeinde. Der heilige Mina, nach dem die Kirche benannt ist, starb als koptischer Märtyrer im 3. Jahrhundert nach Christus.

Ein Mönch an der Spitze

Erzpriester Pater Deuscoros El-Antony ist das Oberhaupt der Kopten in Bayern und zuständig für Sankt Mina. Vor 25 Jahren wurde er Mönch des Antoniusklosters am Roten Meer, seit sieben Jahren betreut er die koptischen Gemeinden in Bayern. "Die Kopten sind die Nachfolger der Pharaonen", erklärt El-Antony. "Unser Patron ist der heilige Markus. Er hat die christliche Tugend nach Ägypten gebracht, und wir sind seine Nachfolger. Wir haben einen eigenen Papst, eine eigene Sprache und einen eigenen Gottesdienst. Das unterscheidet die Kopten von den anderen christlichen Kirchen", sagt er. "Und wir beten viel, zum Beispiel für Verstorbene, Kranke, Reisende, für die Natur und die ganze Welt." Im Kirchenjahr feiern die Kopten drei große Feste: Weihnachten, Ostern und das Tauffest.

"Wir glauben, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Liturgie Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandeln. Deshalb müssen wir regelmäßig zur Kommunion kommen, damit wir Gott immer in uns haben." Diakon Georg Alfons kennt auch die Bräuche der anderen Kirchen."„Unser heiliges Brot sieht anders aus. Es wird zwei Mal im Monat um drei Uhr in der Früh gebacken." Der Teig wird mit Hefe, jedoch ohne Salz und Zucker zubereitet. Kinder dürfen ab der Taufe am Abendmahl teilnehmen.

Zahlreiche Fasttage

Die Kopten fasten jeden Mittwoch und Freitag, 43 Tage vor Weihnachten und 55 Tage vor Ostern. Es gibt ein 15-tägiges Marienfasten und ein Apostelfasten. "Es gibt Leute, die lange fasten, und  dieselben Sünden wie zuvor begehen." Deshalb sei es wichtiger für Gott, dass der Fastende auch sein geistliches Leben betrachte und schaue, wo er den Mitmenschen keine Liebe gezeigt habe, so Alfons. "Wir konzentrieren uns im Christentum nicht so sehr auf das Essen, sondern wir konzentrieren unsere Gedanken auf das Himmelreich." Gefastet wird von Mitternacht bis zum Nachmittag.

Zwölf Millionen Kopten leben in Ägypten, eine Million in den USA und eine weitere Million in Lateinamerika, Afrika, Europa und Australien. In Asien gibt es nur sehr wenige koptische Kirchen. In Deutschland verteilen sich die rund 6.000 Kopten auf 20 Gemeinden. "Ich habe das Gefühl, die Christen sind in Deutschland eine Minderheit", sagt Diakon Alfons. Die Nonnen und Mönche in Deutschland hätten die Trümmerfrauen nach dem Krieg seelisch unterstützt. Dadurch konnten sie das zerstörte Land wieder aufbauen. Die jüngere Generation habe das verdrängt. Jetzt gebe es Atheismus und andere Religionen. Dass viele aus der Kirche austreten, da sie keine Kirchensteuer bezahlen möchten, kann er nicht nachvollziehen.

Beim Ökumenischen Kirchentag dabei

Die Kopten wirkten auch beim Ökumenischen Kirchentag im Mai 2010 in München mit. "Die Kopten sind sehr stolz auf ihre Religion und ihre Geschichte", betont Nassef Bishara, eines der Gemeindemitglieder von Sankt Mina. Die koptische Kirche gehöre zu den ältesten Kirchen der Welt. Den Kirchentag möchten sie nutzen, um ihre Kirche und ihren Glauben vorzustellen. "Wir gehen als Gemeinde zum Marienplatz. Wir werden singen und nehmen koptische Bücher, Ikonen, Bilder und Kreuze mit. Wir wünschen uns gute Beziehungen zu den anderen Christen."

Diakon Georg Alfons ergänzt:"Ich will, dass sich die katholische, evangelische und orthodoxe Kirche öfter treffen, und dass die Kirche irgendwann eins wird. Das ist sehr wichtig, denn wir werden immer weniger und weniger. Und ich hoffe, dass wir in Zukunft das Christentum nicht nur noch im Museum finden." Auf die Integration in Deutschland angesprochen, antwortet er: "Die Kopten haben ähnliche Traditionen und Prinzipien wie die Europäer. Wir sind sehr gut integriert und können mit anderen in Frieden leben."

Dieser Artikel ist am 9. Dezember 2009 zum ersten Mal auf evangelisch.de erschienen.


Bettina Scriba arbeitet als freie Journalistin in München mit Schwerpunkt Hörfunk und Print.