Das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Kirche rief die Diözese Los Angeles auf, die offizielle Ernennung von Mary D. Glasspool zu überdenken. Die Wahl werfe "sehr ernste Fragen" für die Kirchengemeinschaft auf, heißt es in einem Brief von Williams, der Erzbischof von Canterbury ist. Eine Bestätigung oder Ablehnung von Glasspools Berufung habe "sehr große Tragweite". Die Pfarrerin war am Samstag von den Geistlichen und Laien der Diözese zur Weihbischöfin gewählt worden. Eine Mehrheit der US-Bischöfe muss der Entscheidung allerdings noch zustimmen.
Die 55-jährige Glasspool (Foto links) lebt in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Laiendelegierte und Pastoren der Diözese hatten im siebten Wahlgang mit klarer Mehrheit für Glasspool gestimmt. Zuvor war bereits die 53-jährige Diane Jardine Bruce (53) ebenfalls zur Weihbischöfin bestimmt worden. Die Wahl des homosexuellen Geistlichen Gene Robinson zum Bischof von New Hampshire im Jahr 2003 hatte die Gemeinschaft vor eine Zerreißprobe gestellt. Mehrere Diözesen und Gemeinden verließen die Episkopalkirche anschließend. Eine weitere Bischofsweihe im Jahr darauf wurde nach massivem Druck anderer Mitgliederkirchen aufgeschoben. Die Kirche zählt rund 2,1 Millionen Mitglieder. Weltweit gibt es rund 78 Millionen Anglikaner.
"Nicht im Einklang mit der Bibel"
Der konservative episkopale Theologe Kendall Harmon verurteilte Glasspools Wahl. Diese stehe nicht im Einklang mit der Bibel und schade der anglikanischen Gemeinschaft. Der Bischof von Los Angeles, Jon Bruno, Glasspools neuer Vorgesetzter, begrüßte die Wahl hingegen nachdrücklich. Glasspool habe keine Angst vor Konflikten und sei eine "Versöhnerin", sagte Bruno. Die übrigen 109 Episkopaldiözesen müssen der Wahl mehrheitlich zustimmen, bevor Glasspool zur Bischöfin geweiht werden kann.
In der schwedischen lutherischen Kirche trat vor wenigen Wochen erstmals eine offen lesbische Pfarrerin ihr Bischofsamt an. Die 55-jährige Eva Brunne leitet die Diözese Stockholm. Konservative sprachen von einer "Tragödie". Brunne selbst sprach einem "positiven Zeichen, dass unsere Kirche hier mit gutem Beispiel vorangeht". Zuvor hatte die schwedische Kirche auch kirchliche Hochzeiten für homosexuelle Paare erlaubt. In einigen deutschen Landeskirchen gibt es diese Möglichkeit ebenfalls. In Horst Gorski kandidierte vor einigen Monaten erstmals in Deutschland ein Homosexueller um ein Bischofsamt in der evangelischen Kirche. Der Hamburger Pastor unterlag aber Gerhard Ulrich.