Die Dinge der Dekade: Was die "Nuller"-Jahre brachten
Was haben folgende Phänomene gemeinsam? Flatrate, Flatscreen, Arschgeweih, Zahnbleichmittel, USB-Stick, iPod, Navigationssystem, Bionade, Heizpilz, Rollkoffer, Smartphone oder Size-Zero-Jeans? Richtig: Sie sind typische Erscheinungen des Jahrzehnts, das nun zu Ende geht. Die Journalisten Tobias Moorstedt und Jakob Schrenk legen mit ihrem "Das Jetzikon. 50 Kultobjekte der Nullerjahre" eine Begriffe-Sammlung vor, die die Jahre 2000 bis 2009 charakterisiert.
07.12.2009
Von Gregor Tholl

Jedes Jahrzehnt hat seine eigenen Symbole hervorgebracht, von den Nierentischen und Petticoats der 50er bis zu den Plastikschnullern und Knetradiergummis der 90er. Jetzt geht wieder eine Dekade zu Ende: Die sogenannten Nullerjahre oder "2000er". Auch sie haben ihre eigenen Trends und Symbole, die uns inzwischen vertraut sind oder aber bereits wieder "out" zu sein scheinen.

Die Journalisten Tobias Moorstedt und Jakob Schrenk haben verspielt zusammengestellt, was die "Nuller" ausmacht. Entstanden sind mehr als 250 Seiten mit originellen Beobachtungen, vollendet formuliert. Ihr Ansatz ist die Frage: "Was bleibt? Von uns und diesen hektischen, knallbunten, revolutionären Nullerjahren? Was wird über uns in den Geschichtsbüchern stehen, welche Objekte werden in der Museumsvitrine landen?"

Zum Bärlauch und dessen Boom schreiben sie zum Beispiel: "Regionale und altbewährte Produkte wie Bärlauch, Topinambur, Mangold, Löwenzahn und Brennnessel erlebten ein rasantes Comeback und befriedigten gleichzeitig das steigende Bedürfnis nach einem nachhaltigen und ethischen Lebenswandel (siehe Bionade): Anders als die neuseeländische Flug-Kiwi hatte die Schwarzwurzel vom Biobauern nebenan eine vertretbare Kohlenstoffbilanz."

Crocs: Einzigartig in der Geschichte der Menschheit

Und zu den Plastik-Latschen Crocs ("Entstehungszeit: 2002, Niedergang: 2008, Material: Granulatmix, Funktion: Verstrandung des Alltags") heißt es: "Die großen Fashion-Trends im frühen 21. Jahrhundert, der Preppy-Look (Button-Down-Hemden, Dufflecoats, Tweed-Hosen), der Rock'n'Roll-Schick (enge Anzüge, Röhrenjeans) oder der Hippie-Style (weite Röcke, Stirnbänder) waren allesamt nur Variationen und Kopien der Modecodes der 60er und 70er Jahre. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die Crocs die einzig originäre Innovation auf dem Bekleidungsmarkt waren - so etwas hatte man in der Geschichte der Menschheit wirklich noch nicht gesehen."

Bemerkenswert auch die Gedanken über die DVD-Box, die von ihrem Betrachter nicht zwei Minuten Zeit fordere, sondern fünf Tage und sich nicht mit der beschleunigten Moderne arrangiere, schreiben die Autoren. Viele Kinohelden lerne man in einer normalen Spielfilmlänge gar nicht richtig kennen, (amerikanische) Fernsehserien dagegen seien schön komplex. Während man in Filmen nur "Biografie-Meilensteine, Schicksalsschnipsel und einige wenige Details wie Drinkvorlieben" kennenlerne, blieben Serien-Helden wie beispielsweise Carrie Bradshaw aus "Sex and the City" keine Fremden. Manche Fans kennen sie sogar besser als ihre beste Freundin - man weiß Bescheid über alle Ticks oder sogar Lebensmittelallergien.

Tobias Moorstedt/Jakob Schrenk: Das Jetzikon. 50 Kultobjekte der Nullerjahre. Rowohlt Taschenbuch Verlag, 256 Seiten, 8,95 Euro, ISBN 978-3-499-62563-3.

dpa