Bürger und Unternehmen können die ab Januar geplanten Steuersenkungen von bis zu 8,5 Milliarden Euro im Jahr aber noch nicht fest einplanen. Denn die Zustimmung auch des Bundesrates noch vor Weihnachten ist weiter fraglich: Einige CDU/FDP-geführte Länder - vor allem Schleswig-Holstein - lehnen die im Eilverfahren durchgesetzten Gesetzespläne unter Hinweis auf die leeren Länderkassen ab.
Spannend wird es daher am 18. Dezember: Dann müssen die Länder im Bundesrat entscheiden. Stimmt Schleswig-Holstein wie angedroht nicht zu, kippt das Gesetz. Schwarz-Gelb hat in der Länderkammer nur eine knappe Mehrheit.
Vor allem Familien profitieren
Bund und Länder loten daher mögliche Ausgleichszahlungen für die Steuerausfälle aus. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnt es bisher ab, Schleswig-Holsteins Zustimmung zum Gesetz zu "erkaufen". Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zeigte sich zuversichtlich, dass am Ende auch eine Mehrheit im Bundesrat erreicht werden könne. Es gehe aber nicht darum, einzelne Länder herauszukaufen.
In der namentlichen Abstimmung votierten 322 Abgeordnete dafür, 246 waren dagegen. Von dem Steuerpaket profitieren am stärksten Familien, die bis zu 4,6 Milliarden Euro mehr in der Tasche haben. Der Kinderfreibetrag klettert von 6.024 auf jährlich 7.008 Euro. Nutznießer sind Besserverdiener. Zur Kompensation für untere und mittlere Einkommen soll das monatliche Kindergeld um 20 Euro steigen. Zudem sollen Unternehmen und Erben entlastet werden.
Besonders umstritten - auch in den Koalitionsreihen - ist das Steuerprivileg für Hotels. Vor allem auf Druck der CSU, aber auch der FDP soll der Mehrwertsteuersatz für Hotel-Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent sinken. Das kostet den Staat eine Milliarde Euro im Jahr. Nahezu alle Experten lehnen dieses Steuerprivileg ab, das die ohnehin komplizierten Mehrwertsteuer-Regeln durch eine weitere Ausnahme verkompliziert.
Harsche Kritik von Ökonomen und Opposition
Ökonomen bezweifeln, dass das mit neuen Milliarden-Schulden finanzierte Steuerpaket das Wirtschaftswachstum ankurbelt. Die Opposition wirft der Koalition "Klientelpolitik" sowie sozial unausgewogene Steuerentlastungen vor. Die SPD-Expertin Nicolette Kressl sprach von "Flickwerk". Schwarz-Gelb habe die Chance verspielt, mit ihrem ersten Gesetz etwas für Wachstum und Land zu tun.
Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, sagte an die Adresse der Koalition: "Sie begünstigen ausschließlich Reiche." Fritz Kuhn nannte die Pläne ein "Schuldenbeschleunigungsgesetz" mit starken Elementen der Willkür, Bürokratie und sozialer Ungleichheit.
Bund und Länder wollen Verzögerungen bei dem ersten wichtigen Gesetz der schwarz-gelben Koalition unbedingt vermeiden. Bei einem Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat bis ins neue Jahr hinein könnte das Gesetz nicht am 1. Januar in Kraft treten. Von den bis zu 8,5 Milliarden Euro Steuerausfällen entfallen laut Gesetzentwurf 4,63 Milliarden Euro auf den Bund. 2,28 Milliarden Euro müssen die Länder schultern, 1,57 Milliarden Euro die Gemeinden.
Im Bundesrat ist die Koalition auf die Zustimmung von Schleswig-Holstein angewiesen, da Länder mit anderen Regierungskonstellationen dem Gesetz kaum zustimmen werden. Als Gegenleistung des Bundes sind lockere Auflagen für die Länder bei den Investitionsmitteln aus den bisherigen Konjunkturpaketen im Gespräch. Auch könnte sich der Bund stärker an den Kosten für Unterkunft und Heizung von Harz-IV-Empfängern beteiligen. Gefordert wird auch, dass Länder höhere Anteile aus den Umsatzsteuereinnahmen bekommen.
Schon die schwarz-rote Vorgängerregierung hatte Steuerentlastungen von bis zu 14 Milliarden Euro vom kommenden Januar an beschlossen. Union und FDP planen von 2011 an weitere Entlastungen.