Deutschland muss beim Klimaschutz noch zulegen
Europa kann seine klimaschädlichen Treibhausgase bis Mitte des Jahrhunderts um 80 Prozent senken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Fraunhofer-Gesellschaft im Auftrag der EU-Kommission. Bis 2050 ließen sich die Emissionen auf ein Fünftel des Werts von 1990 drosseln, heißt es in der Untersuchung. 1990 ist das Bezugsjahr des Kyoto-Klimaprotokolls. Deutschland steht vor besonderen Anstreungen.

Mit der Drosselung sei es "technisch und wirtschaftlich umsetzbar", den weltweiten Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu beschränken, wie vom Weltklimarat angeraten, so das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. Deutschland muss allerdings nach einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC) beim Klimaschutz noch zulegen. Deutschland habe zwar mehr erreicht als andere Industriestaaten, müsse aber noch viel tun, um künftige Ziele zu erreichen.

Vor dem Hintergrund seiner hohen Wirtschaftsleistung müsse Deutschland die CO2-Emissionen, die pro erwirtschaftetem Bruttoinlandsprodukt anfallen ("Carbon Intensity"), bis 2050 um fast 90 Prozent senken, so PwC. Damit stehe die deutsche Wirtschaft vor größeren Herausforderungen als die meisten anderen Volkswirtschaften der G20. Im Durchschnitt müssten die 20 größten Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß in Relation zur Wirtschaftsleistung um 85 Prozent senken.

Industriestaaten müssen sich einigen

Global müsse die "Carbon Intensity" bis 2020 um 35 Prozent sinken, heißt es in der PwC-Studie. Dies sei nur zu erreichen, wenn sich die führenden Industrienationen - USA, China, Indien und die EU - schnell auf verbindliche Emissionsziele einigen. Die Autoren der Fraunhofer-Studie betonten, um eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf zwei Grad zu erreichen, müsse ein Preis für Emissionen festgelegt werden. Das reiche jedoch nicht aus, erläutern die Projektleiter Eberhard Jochem und Wolfgang Schade. Ein "breites Portfolio" an politischen Maßnahmen müsse neue klimafreundliche Technologien auf den Markt bringen und Verhaltensänderungen in der Gesellschaft bewirken.

Eine globale Erwärmung um durchschnittlich zwei Grad gilt nach dem jüngsten Weltklimabericht gerade noch als beherrschbar. Die ADAM-Europa-Studie von Fraunhofer - der Name steht für "Adaptation and mitigation strategies – supporting European Climate Policy (Anpassungs- und Vermeidungsstrategien zur Unterstützung der europäischen Klimapolitik)" - bettet Europa in die weltweite Strategie zur Begrenzung des Klimawandels auf diesen Wert ein. Alle für Treibhausgase verantwortlichen Sektoren müssen demnach in die Pflicht genommen werden. Industrie und Transport sollten ihren CO2-Ausstoß - diesmal gemessen an 2005 - um 40 Prozent bis 2050 reduzieren. Haushalte, Dienstleistung und Stromerzeugung sogar um fast 90 Prozent. Schwerpunkte seien der Ausbau erneuerbarer Energien, bessere Isolierung von Gebäuden und der Einsatz von energieeffizienten Technologien.

Gut für die Wirtschaft

Die wirtschaftliche Entwicklung würde von solchen Strategien nicht verändert, sondern manchmal sogar verbessert, betonen die Studienautoren. Das Konzept des "Green New Deal" kombiniere wirtschaftliche Stimulierung mit grüner Technologie. "Man erzeugt Wirtschaftswachstum, indem man auf Material- und Energieeffizienz sowie Klimaschutz setzt - eine win-win-Situation", erläuterte Schade. Auf wirtschaftlicher Seite entstünden neue Arbeits- und Absatzmärkte, auf ökologischer Seite nütze der "Green New Deal" dem Klimaschutz.

Die deutschen Anlagen- und Maschinenbauer befürchten derweil im Zuge der internationalen Klimaschutzverhandlungen eine Aushöhlung des bisherigen Patentschutzes. In Kopenhagen müssten ambitionierte internationale Klimaziele vereinbart werden, "ohne den Schutz geistigen Eigentums aufzuweichen", forderte der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Manfred Wittenstein, in Berlin. "Innovationen in effiziente Technologien lohnen sich nur, wenn Innovationen der Unternehmen geschützt sind." Wittenstein reagierte damit auf die Absicht der Industrieländer, den Entwicklungsländern bei den Klimaverhandlungen mit erheblichem Technologietransfer entgegenzukommen.

dpa