Filmtipps: Diese Woche neu im Kino
Die Redaktion von "epd film" hat die Filme der Woche ausgesucht. Dazu zählen der neue Woody Allen "Whatever works" und der Steppenfilm "Tulpan".

Whatever Works – Liebe sich wer kann (USA 2009)

[reference:nid=7687]

Der Held des neuesten Films von Woody Allen ist alles andere als eine sympathische Erscheinung. Als notorische Quasselstrippe, als Pessimist und Misanthrop macht Boris Yellnikoff es nicht einmal seinen Freunden leicht, ihn zu mögen. Von seiner Frau verlassen und den Nobelpreis für Physik ebenso haarscharf verloren, ist von dem Quantenmechaniker kaum mehr geblieben als ein verkanntes Genie, das sich als Schachlehrer für hoffnungslos Unbegabte durchschlägt. Wen wundert es da, dass sich Boris bereits das eine oder andere Mal mit Selbstmordgedanken abgegeben hat. Als er eines Tages die junge Ausreißerin Melody kennenlernt, scheint eine Wende zum Besseren in Sicht. Melody verliebt sich in den älteren Mann, nistet sich bei ihm ein und wird ihm eine passable Ehefrau. Dann erscheinen plötzlich Melodys Eltern, die von der Ehe zwischen ihrer Tochter und Boris alles andere als begeistert sind. Vierzigster Film von Woody Allen, der in gewohnter Manier des Altmeisters unterhält und zum Ende hin das Tempo einer Screwball-Komödie anschlägt.

Regie und Buch: Woody Allen. Mit: Larry David, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, Adam Brooks. 92 Min. FSK: ab 12, ff. (epd)


Tulpan (Deutschland, Kasachstan, Polen, Russland, Schweiz 2008)

[reference:nid=7685]

Der ehemalige Matrose Asa möchte der nomadisierenden Familie seiner Schwester nicht länger zur Last fallen und beschließt, seine eigene Schafherde durch die kasachische Steppe zu treiben. Dazu braucht er eine Frau. Doch Tulpan, das einzige freie Mädchen in der menschenfeindlichen Umgebung, hat andere Pläne, als sich mit Asa zu verheiraten. Sie will das Nomadenleben hinter sich lassen, in die Stadt ziehen und ein modernes Leben führen. Und von dieser Entscheidung ist die geheimnisvolle Tulpan, die weder Asa noch der Zuschauer je zu Gesicht bekommen, nicht abzubringen. Als der hartnäckige Werber seine Heiratspläne nicht aufgeben will, führt Tulpan ein schlagendes Argument ins Feld: Asas abstehende Ohren. Der preisgekrönte erste Spielfilm des Dokumentarfilmers Sergej Dvortzevoj erzählt in wunderschönen Bildern vom Konflikt zwischen Tradition und aufbrechender Moderne.

[reference:nid=7689]
 

Regie: Sergej Dvortsevoj. Buch: Sergej Dvortsevoj, Gennadi Ostrovskij. Mit Askhat Kuchencherekov, Tolepbergen Baisakalov, Ondas Besikbasov. 100 Min. FSK: ab 6, ff. (epd)

"Tulpan" ist Film des Monats Dezember der Jury der Evangelischen Filmarbeit.


Herrenkinder (Deutschland 2009)

In dem Dokumentarfilm "Herrenkinder" sprechen Eduard Erne und Christian Schneider mit ehemaligen Schülern der "Nationalpolitischen Lehranstalt", im Volksmund "Napola" genannt, einer Kaderschmiede der Nationalsozialisten, in der die Elite des "Tausendjährigen Reichs" herangezogen, körperlich gestählt und im Geiste des Nationalsozialismus geschult wurde. Der Film interessiert sich für die psychischen Auswirkungen dieser Gehirnwäsche, die auf eine partielle Zerstörung der Persönlichkeit angelegt war. Während die einen Betroffenen an der emotionalen Last des Erlebten auch noch Jahre und Jahrzehnte später zerbrachen, haben andere das Erziehungsideal der Nazis verinnerlicht und sich mit faschistischen Parolen wie "Gelobt sei, was hart macht" weiterhin identifiziert.

Regie und Buch: Eduard Erne, Christian Schneider. Mit Werber Gusted, Hellmuth Karasek, Marva Karrer, Jakob und Philipp Krovoza, Joachim Carlos Martini, Harald Ofner, Irmela Schuppe, Erwin Schuppe u.a. 95 Min. FSK: k.A .

 

Wenn Ärzte töten - Über Wahn und Ethik in der Medizin (Deutschland 2009)

[reference:nid=7686]

Der Dokumentar-Film von Hannes Karnick und Wolfgang Richter nähert sich seinem Thema von einer unkonventionellen Seite. Während das Gros der Dokumentationen über den Holocaust und das "System KZ" Opfer und Täter befragt, stellt "Wenn Ärzte töten" einen Historiker, Arzt und Psychiater in den Mittelpunkt des Interesses. Robert Jay Lifton spricht hier über seine Begegnung mit Ärzten, die in Vernichtungslagern Häftlinge getötet haben, Begegnungen, die Lifton in seinem 1986 erschienenen Buch "The Nazi Doctors" festhielt. In ruhigen, meist langen Einstellungen kommt Lifton zu Wort, wobei nicht nur seine Beschreibungen und Analysen der Verbrechen den Zuschauer in den Bann ziehen, sondern auch seine Fähigkeit, schwierige Sachverhalte in einer einfachen, verständlichen Sprache darzustellen.

Regie: Hannes Karnick, Wolfgang Richter. Buch: Wolfgang Richter. Mit Robert Jay Lifton. 90 Min. FSK: k.A.