"Kaufe keine Brötchen": Kirchen für besseren Sonntags-Schutz
Ruhetag als Menschenrecht: Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zu den Berliner Ladenöffnungen dringen die Kirchen auf einen bundesweit stärkeren Sonntagsschutz.

Der katholische Berliner Kardinal Georg Sterzinsky sagte der "Passauer Neuen Presse", auch in anderen Ländern liefen Gerichtsverfahren: "Ich glaube, dass jetzt auch dort der Sonntag stärker geschützt werden muss." Der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July sagte der "Stuttgarter Zeitung": "Am liebsten wäre mir ein kompletter Sonntagsschutz."

"Sonntags shoppen nicht höchstes Glück der Erde"

Er bedauere, dass viele Bürger meinten, sonntags nicht ohne frische Brötchen auskommen zu können. "Ich kaufe sonntags keine Brötchen", unterstrich der Bischof und ergänzte allgemeiner: "Ich halte es nicht für das höchste Glück der Erde, am Tag des Herrn shoppen zu gehen." Es gebe genügend andere Gelegenheiten, seine Besorgungen zu machen - "mittlerweile ja manchmal schon rund um die Uhr". Der vom Grundgesetz garantierte Schutz der Feiertage dürfe nicht ständig mit neuen Begründungen immer weiter ausgehöhlt werden. Berlin sei ein besonders krasses Beispiel für diesen Trend gewesen.

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Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag in einem Urteil zum Ladenöffnungsgesetz in Berlin die Öffnung der Geschäfte an allen vier Adventssonntagen untersagt. Die Regelung von 2006, die eine Ladenöffnung an insgesamt zehn Sonntagen im Jahr erlaubt, verstoße gegen den Sonntagsschutz des Grundgesetzes, urteilte das höchste deutsche Gericht. Die Verfassungsrichter entsprachen damit teilweise den Verfassungsbeschwerden der evangelischen und der katholischen Kirche.

Urteil mit Spielräumen

Sterzinsky sagte, das Urteil lasse dennoch Spielräume. "Landesregierungen können verkaufsoffene Sonntage sehr wohl erlauben. Aber die allgemeine Freude am Shopping oder die Interessen des Handels und der Wirtschaft sind für sich genommen keine ausreichenden Gründe, den Sonntag völlig freizugeben", betonte der katholische Geistliche.

Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge sagte im Deutschlandfunk, das Urteil habe den Menschen und seine Rechte in den Mittelpunkt gestellt. Und zu diesen Rechten gehöre der Ruhetag. Aus seiner Sicht wird das "sehr grundsätzliche Urteil" langfristige Auswirkungen haben.

Der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach sagte im Deutschlandfunk, die Kirchen hätten in Karlsruhe nicht allein als Anwalt eines eigenen Interesses für die Religionsfreiheit geklagt. Vielmehr hätten sie die Interessen von Arbeitnehmern und der Gemeinschaft an Freiräumen für das Zusammenleben vertreten. Beim Schutz des Sonntags gehe es um "die Freiheit der Menschen gegenüber dem kollektiven kommerziellen Druck", sagte Hengsbach.

epd