Aufgrund verfassungsrechtlicher Beschwerden der Kirchen hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag die Ladenöffnung in Berlin an Adventssonntagen vom kommenden Jahr an untersagt. Nachstehend die wichtigsten Stationen im Ringen um die Ausweitung der Ladenöffnungen:
28. November 1956: Das "Gesetz über den Ladenschluss" wird verabschiedet. Geschäfte dürfen montags bis freitags von 7.00 bis 18.30 Uhr und samstags bis 14.00 Uhr geöffnet sein.
17. Juli 1957: Am ersten Samstag im Monat kann bis 18.00 Uhr eingekauft werden.
1960: An den vier Adventssamstagen wird eine Öffnungszeit bis 18.00 Uhr erlaubt.
Dienstleistungsabend
Oktober 1989: Als "Dienstleistungsabend" wird der lange Donnerstag bis 20.30 Uhr eingeführt.
1. November 1996: Die Ladenöffnungszeiten werden erneut gelockert. Wochentags darf zwischen 6.00 und 20.00 Uhr, samstags bis 16.00 Uhr geöffnet werden. Der lange Donnerstag entfällt.
Oktober 1997: Das Berliner "Kulturkaufhaus" Dussmann umgeht mit der "Prokuristenregel" das Ladenschlussgesetz. Leitende Angestellte dürfen in der Hauptstadt auch außerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten arbeiten. Dussmann hat fortan wochentags bis 22.00 Uhr sowie an sechs Sonntagen im Jahr geöffnet.
Juli 1999: Der Berliner Kaufhof am Alexanderplatz hält mit einem Trick seine Verkaufsräume samstags und sonntags geöffnet: Er deklariert sein Angebot komplett als "Berliner Souvenirs", die gesetzlich auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten verkauft werden dürfen. Ein Juwelier erwirkt eine Unterlassung. Der Kaufhof reicht später eine Verfassungsbeschwerde ein.
Klage gegen Sonntags-Verkaufsverbot
1. Juni 2003: Die Ladenöffnungszeiten werden nochmals verlängert. Auch an Samstagen können Geschäfte bis 20.00 Uhr öffnen.
4. November 2003: Auf die Klage der Kaufhof AG hin verhandelt das Bundesverfassungsgericht erstmals über die Ladenöffnungszeiten. Die Warenhauskette will, dass das Verkaufsverbot an Werktagen nach 20.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen beseitigt wird.
9. Juni 2004: Das Bundesverfassungsgericht bestätigt das grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen.
1. September 2006: Die Föderalismusreform tritt in Kraft. Die Zuständigkeit für den Ladenschluss geht auf die Länder über.
17. November 2006: Als erstes Bundesland kippt Berlin den Ladenschluss an Werktagen komplett. Geschäfte können von Montag bis Samstag rund um die Uhr öffnen. Zudem dürfen die Läden auch an den Adventssonntagen und bis zu sechs weiteren Sonntagen öffnen. Das benachbarte Brandenburg, aber auch andere Bundesländer ziehen nach.
Klage der Kirchen
11. Juni 2007: Nach eingehender Prüfung der Rechtslage rufen die beiden großen christlichen Kirchen das Bundesverfassungsgericht an. Sie sehen insbesondere in den von Berlin und Brandenburg erlassenen Gesetzen eine Aushöhlung des verfassungsrechtlich garantierten Sonntagsschutzes.
23. Juni 2009: In Karlsruhe verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden der Kirchen.
26. November 2009: In Schleswig-Holstein klagen die beiden Kirchen gegen die Bäderverordnung. Mit einem Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht in Schleswig wollen sie die Landesverordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen in Kur-, Erholungs- und Tourismusorten grundsätzlich überprüfen lassen.
1. Dezember 2009: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe untersagt die Freigabe der Adventssonntage zur Öffnung der Einzelhandelsgeschäfte in Berlin. Die 2006 getroffene Regelung verletze das Recht der Kirchen auf Religionsfreiheit, heißt es in der Urteilsbegründung.