"Bella Block: Vorsehung", Samstag 28. November, 20.15 Uhr im ZDF
Die Filme über die Arbeit der stets etwas spröden Hamburger Kommissarin Bella Block waren oft mehr Kunst als Krimi. Nun ist die Titelheldin auch noch ihre Marke los und somit gar nicht mehr berechtigt, offiziell zu ermitteln. Prompt spielt sie in "Vorsehung" beinahe nur noch eine Nebenrolle, denn im Zentrum der Handlung steht die Architektur eines Verbrechens. Vordergründig passiert praktisch gar nichts. Ihre Spannung bezieht die Geschichte aus der Frage, ob sich ein früherer Mörder nach Verbüßung seiner Strafe tatsächlich, wie es den Anschein hat, erfolgreich wieder in die Gesellschaft eingliedert; oder ob er, wie Bella Block (Hannelore Hoger) vermutet, eine wandelnde Zeitbombe ist.
Das ZDF und Produktionsfirma UFA haben die Regie dieses ersten Films der zweiten "Bella Block"-Zeitrechnung, der die Hauptfigur neu erfinden soll, Max Färberböck übertragen. Damit schließt sich ein Kreis: Färberböck hat vor 16 Jahren auch die ersten Episoden der mit vielen Preisen dekorierten Erfolgsreihe inszeniert. Der äußerst konzentriert arbeitende Regisseur hat seither bloß vier weitere Filme inszeniert ("Aimée & Jaguar", "Jenseits", "September" sowie "Anonyma - Eine Frau in Berlin"). Färberböck ist zudem alles andere als ein aufgeregter Erzähler. Auch für "Vorsehung" bevorzugt er lange, ruhige Einstellungen; vor der Kamera tut sich ebenfalls nicht viel. Es ist ein Beobachtungsfilm, fast eine Fallstudie: Das Drehbuch (Färberböck und Fabian Thaesler) seziert sein Studienobjekt regelrecht.
Das kann, wenn man sich darauf einlässt, durchaus faszinieren. Wer unterhaltsame Krimikost erwartet, wird hingegen grenzenlos enttäuscht. Die Darsteller allerdings sind in all ihrer Sparsamkeit sehr wirkungsvoll. Wotan Wilke Möhring spielt Holger Thom, jenen Mann, der vor 17 Jahren ein Ehepaar ermordet hat, zurückgenommen bis an den Rand der Unscheinbarkeit. Block ist überzeugt, der Mörder werde seine Tat wiederholen, denn Thom hat damals die Tochter verschont. Als sie, mittlerweile selbst Mutter, von seiner Haftentlassung erfährt, kehrt das Trauma mit voller Wucht zurück. In Tanja Schleiffs Verkörperung wirkt die Frau gerade neben ihrem zornigen Mann (Pierre Besson) fast katatonisch. Die konsequente Reduktion sowohl der Schauspieler wie auch der Inszenierung ist jedoch gewöhnungsbedürftig. Daran ändert auch Michael Wieswegs kunstvolle Bildgestaltung nichts: Immer wieder verstellen Wände den Blick, so dass der Bildschirm oft auf jenes Drittel reduziert ist, in dem die Protagonisten einsam vor sich hin agieren.
Fast schon konventionell mutet dagegen die zweite Ebene der Geschichte an: Bella Block aktiviert ihre alten Kontakte, um jenseits aller bürokratischen Vorgaben an Informationen zu kommen, was naturgemäß zu allerlei Ärger mit ihrem früheren Mitarbeiter Martensen fort. Devid Striesows Rolle ist deutlich geschrumpft, was schade ist. Andererseits hat Färberböck selbst kleinste Sprechrollen vorzüglich besetzt. Ein äußerst anspruchsvoller Krimi, dessen Reiz gewissermaßen zwischen den Bildern liegt..
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).