Der Trend zur Banalisierung, Skandalisierung und Personalisierung in den Medien sei angesichts des Ausmaßes der Krise moderat ausgefallen, sagte der SPD-Politiker am Montag in der 4. Berliner Medienrede zum Thema "Die Verantwortung der Medien in der Krise".
Zugleich äußerte Steinbrück aber auch scharfe Kritik an der Berichterstattung zur Finanz- und Wirtschaftskrise. Vielen Journalisten habe das Verständnis für die wirtschaftlichen Prozesse gefehlt. "Keiner hat wirklich Ahnung, aber keiner will die Klappe halten", kritisierte der Ex-Minister. Zudem habe er einen Wettbewerb um die schlechteste mediale Darstellung der Krisenentscheidungen der Bundesregierung beobachten können. Die Berichterstattung sei häufig von der Frage dominiert worden, welche Partei am schlechtesten aus der Krise komme. Inbesondere die Online-Medien hätten ungeprüft Gerüchte in die Welt gesetzt, die später niemals korrigiert worden seien.
Mangelnde Selbstkritik liberaler Wirtschaftsredaktionen
Weder von der Politik, noch vom Journalismus sei das Paradigma der Deregulierung der Märkte ernsthaft hinterfragt worden. "Viele Wirtschaftsredaktionen haben immer propagiert, dass sich die Politik aus der Marktregulierung heraushalten soll. Diese Selbstkritik hat es aber nicht gegeben", monierte Steinbrück. Vermisst habe er auch einen aufklärerischen Journalismus, der dem Bürger die Aktionen des Staates in der Krise seriös erklärt.
Der SPD-Politiker beklagte insgesamt eine Banalisierung der Politik. Politiker hätten zunehmend den Hang, mediale Zwänge bis in die Privatsphäre hinein zu befolgen. Gleichzeitig machten sich Medien zunehmend zu politisch Handelnden, die Stimmung nicht nur beschrieben, sondern auch erzeugten. "Es geht vor allem darum, Einfluss zu nehmen auf die Bundesliga der politischen Köpfe. Wer gewinnt, wer verliert?", sagte Steinbrück.
"Sie kriegen die Politiker, die sie verdienen"
Journalistische Interviews dienten zudem vor allem der Auflagen- und Quotenmaximierung. Journalisten wollte keine Gespräche mehr führen, sondern Schlagzeilen produzieren. "Wenn das gesprochene Wort nicht mehr zählt, führt das zu einer Verarmung der politischen Rede in Deutschland", warnte der ehemalige Finanzminister. Der Aktualitätsdruck der Medien rücke Sachpolitik in den Hintergrund und lassen nicht mehr genügend Zeit für Recherche. Dass Politik etwas Prozesshaftes sei, gehe im Journalismus oft verloren. "Sie kriegen die Politiker, die sie verdienen", schloss der SPD-Bundestagsabgeordnete an die politischen Berichterstatter gerichtet seine Rede.
Die jährlich im November stattfindende Berliner Medienrede wird vom Medienbeauftragten des Rates der EKD, der Evangelischen Akademie zu Berlin und dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik ausgerichtet.