US-Entwicklungsbehörde mit neuer Leitung
Die US-Entwicklungsbehörde USAID könnte bald wieder einen Direktor bekommen. Fast zehn Monate nach seiner Amtsübernahme ernannte US-Präsident Barack Obama den Mediziner Rajiv Shah (36) für den Posten. Shah bringe "frische Ideen und einen beeindruckenden Background", sagte Obama. Entwicklungsorganisationen reagierten mit Erleichterung. Der Senat muss der Wahl noch zustimmen, was er wohl auch tun wird.
21.11.2009
Von Konrad Ege

Shah ist Sohn indischer Einwanderer und gilt als entwicklungspolitisches Wunderkind. Vor allem in den Themen landwirtschaftliche Entwicklung und Gesundheitspolitik hat er Erfahrung. Shah komme zu einem entscheidenden geschichtlichen Augenblick, lobte Raymond Offenheiser, Präsident der in hundert Ländern tätigen Hilfsorganisation Oxfam America.

Schon seit Jahren sei USAID unterfinanziert und politisch marginalisiert, betonte Offenheiser. Die Behörde müsse wieder die Führung übernehmen bei den zunehmend diffusen und unkoordinierten Entwicklungshilfsprogrammen. Mehr als 20 US-Behörden und Ministerien, einschließlich des Verteidigungsministeriums, seien an Entwicklungshilfe beteiligt, erläutert er.

Bush hatte Entwicklungshilfe privatisiert

In der dem Außenministerium untergeordneten Behörde kriselt es. Unter George W. Bush büßte sie immer mehr Einfluss ein, unter anderem, weil der Präsident zahlreiche ihrer Aufgaben an Privatfirmen ausgelagert hat. Außenministerin Hillary Clinton kritisierte bei ihrem Afrikabesuch im August, dass zu viele USAID-Gelder die Zielbevölkerungen nicht erreichten. "Zu viel Entwicklungshilfe ist in Amerika geblieben," sagte Clinton in Nairobi.

Shah soll das ändern. Dabei war er erst im Mai 2009 zum Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium ernannt worden. Er ist zuständig für Lebensmittelsicherheit, Forschung und Information und Vorgesetzter von 10.000 Mitarbeitern. Davor machte Shah sich einen Namen in der "Bill und Melinda Gates"-Stiftung. Im Bereich der Planung für globale Gesundheitsprogramme leitete er ein 1,5 Milliarden Dollar teures Impfprogramm. Die Stiftung wird vom Microsoft-Milliardär Bill Gates und dem Großinvestor Warren Buffett finanziert.

Zwischen Sicherheitsinteressen und Entwicklungswünschen

Obama will die Entwicklungshilfe als "soft power" ("sanfte Kraft") der Außenpolitik einsetzen und ihr eine bedeutende Rolle einräumen. Dennoch sagten Obama mehrere seiner Wunschkandidaten für den USAID-Direktorenposten ab. Unter anderem auch wegen der langwierigen Zustimmungsprozedur im Senat. Der Chef der "Agentur für Internationale Entwicklung" wird immer vom US-Präsidenten benannt. In den vergangenen Monaten wurde USAID von einem Interimsdirektor geführt.

Die Behörde befindet sich im Spannungsfeld zwischen US-amerikanischen Sicherheitsinteressen und den Bedürfnissen der Entwicklungsländer. Seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 werde die US-Auslandhilfe jedoch von "nationalen Sicherheitsinteressen dominiert", kritisierte kürzlich das entwicklungspolitische "Netzwerk zur Reform der Auslandshilfe". Die größten Empfänger von USAID-Geldern sind demnach auch Afghanistan (1,5 Milliarden Dollar im Haushaltsjahr 2009) und Pakistan (1,1 Milliarden Dollar), gefolgt von der Westbank und dem Gazastreifen (798 Millionen), Jordanien (516 Millionen), Kenia (515 Millionen), dem Sudan (468 Millionen) und dem Irak (444 Millionen Dollar).

Armutsbekämpfung an sich erstrebenswert

Er hoffe, USAID werde sich unter Shah dem Grundsatz verpflichten, dass Armutsbekämpfung und Gesundheitsprogramme für sich selbst erstrebenswert sind, sagte Thomas Carothers von der "Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden" in der Zeitung "Christian Science Monitor".

Die erste Hürde im neuen Job, nämlich die Zustimmung vom Senat, könnte Shah gelingen. Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses, John Kerry, begrüßt die Nominierung. Er habe keine Einwände von seinen republikanischer Kollegen gehört, sagte der Demokrat Kerry. Im Senat liegen auch Gesetzesentwürfe, um die Entwicklungshilfe effektiver zu gestalten, die Shah für seine weiteren Aufgaben helfen könnten.

epd